Burma!
26 11 2009Ich bin seit Dienstag in Burma/Birma/Myanmar. Die Einreise hat reibungslos geklappt, auch nicht groß anders als nach Thailand. Insgesamt war der Papierkram total harmlos und überschaubar, hatte ich mir viel schlimmer vorgestellt.
Aber erstmal noch ein kurz gefasster Abriss der letzten Tage in Bangkok. Ich hatte ja noch 3 Tage tot zu schlagen bis mein Flug ging. Die hab ich genutzt um mir die Stadt zu Lande, zu Wasser und aus der Luft anzuschauen. Ich war auf verschiedenen Märkten, bin mit dem öffentlichen Expressboot einmal von Endstation zu Endstation den Chao Phraya rauf und runter geschippert, dann mit dem Skytrain kreuz und quer durch die Stadt gefahren und zu Fuß einige Kilometer abmarschiert. Am Samstag habe ich mir ein besonderes Mittagessen ganz oben im Baiyoke II Tower gegönnt. Das ist das höchste Gebäude von ganz Südostasien und das höchste Hotel der Welt. Da kann man sich für 10 EUR mittags an einem gigantischen Buffet den Wanst voll schlagen, und dabei von oben die ganze Stadt überblicken. Beim Anblick des Buffets sind mir fast die Augen aus dem Kopf gekullert, da gabs nichts was es nicht gab. Sogar ein Sushi Buffet, an das ich mich vorrangig gehalten habe. Spitze war das!

Sushi all you can eat - und dazu ein Blick über ganz Bangkok. Ein Traum wird wahr.
Am nächsten Tag habe ich versucht, die Ausschweifung mit Fahrradfahren zu kompensieren. Habe eine halbtägige geführte Tour durch das „alte“ Bangkok auf der anderen Flussseite unternommen. Es war aber keine sportliche Herausforderung sondern eher eine Art Agility Parcours. Die Wege sind extrem eng, alle paar Meter gibt es eine zackige Kurve im rechten Winkel, der Boden ist holprig, teilweise geht’s links und rechts ab ins Wasser … und das ganze bei Linksverkehr. Habe aber alles ohne Peinlichkeiten der Blessuren überstanden.
Am nächsten Tag dann ab mit Air Bangkok nach Yangon, wo ich jetzt bin. Burma ist unglaublich. Die Stadt ist so, wie ich mir Südostasien vorgestellt hatte. Exotisch, laut, bunt, lebendig, bizarr, dreckig … und die Menschen sind so freundlich, dass man zuerst denkt, die verarschen einen. Tun sie aber gar nicht. Die sind echt so. Schon beim Abflug in Bangkok hat mich ein Burmese angesprochen und sich als Leiter einer Reiseagentur vorgestellt. Da ich noch kein Hotelzimmer gebucht hatte, bot er an, dass er mich vom Flughafen gratis zu seinem Büro mitnehmen würde, da seien einige günstige Hotels drumherum. Der Loose Reiseführer hat das bestätigt. So hab ichs dann gemacht, 10 $US Taxi gespart und ein gutes Hotel vermittelt bekommen zum korrekten Preis.
Gestern Abend und heute bin ich den ganzen Tag in der Stadt rumspaziert und kam aus dem Staunen und Gucken gar nicht mehr raus. Das ist alles so total anders als bei uns, und es ist die erste Stadt ohne McDonalds oder andere westliche Ketten. Ich als Tourist finde das super. Die Leute hier finden’s wahrscheinlich Scheiße.

Der Hornbach von Yangon
Das ganze Leben spielt sich auf den Straßen ab, überall köchelt und brutzelt was – aber anders als in Thailand. Viel exotischer und undefinierbarer. Besonders faszinierend und gleichzeitig abstoßend fand ich eine Art Gekröse-Fondue: Da steht ein großes Tablett mit lauter Innereien, Zungen, Knorpelschwarten und ähnlichen Leckereien, davor kocht ein Wok mit Suppe. Die Gäste sitzen alle drumherum, jeder hat verschiedene Soßendipps vor sich stehen und köchelt seine Wunschhäppchen an langen Holzstäbchen in der Brühe. Scheint sehr beliebt zu sein.

Gekröse-Fondue
Eine auffällige Eigenart fast aller Männer ist neben dem Tragen von bodenlangen Röcken das Betelkauen. An kleinen Ständen kann man mit Kalk bestrichene grüne Blätter kaufen, in die ein Stück Betelnuss und Gewürze eingerollt werden. Das kommt dann in die Backentasche und wird stundenlang gekaut. Die Alkaloide putschen schön auf, machen wach, fördern die Verdauung und führen zu immenser Speichelproduktion. Da der Saft nicht geschluckt wird, spucken die Männer wie Lamas enorme Speichelmengen durch die Gegend, immer und überall, und ohne jede Scham. Dieser Auswurf ist blutrot und färbt den Gehsteig wo man geht und steht. An populären Straßenecken haben sich schon richtige Betelspeichel-Stalakmiten gebildet. Faszinierend.
Die Frauen haben die Angewohnheit, sich aus kosmetischen Gründen eine hellgelbe Paste ins Gesicht zu schmieren, die dann im Lauf des Tages abbröckelt – manche machen das flächig, die meisten als kreisförmige oder rechteckige Flecken auf den Wangen. Soll die Haut schön machen. Ich frage mich allerdings was einem die schönste Haut nützt, wenn man jeden Tag derartig entstellt durch die Gegend läuft.
Besonders bemerkenswert finde ich auch die Zahl der Touristen – nämlich so gut wie gar keine. Ich bin jetzt seit anderthalb Tagen hier und habe insgesamt vielleicht 10 Touristen gesehen. Ich bin hier also selbst sowas wie eine Attraktion. Fast jeder auf der Straße grüßt mich herzlich, vorallem Kinder und Jugendliche. Alle sagen Hello und wollen wissen, woher ich bin. Und das ist richtig echt, die wollen einem nichts andrehen oder sonstwie Geld aus der Tasche ziehen – die sind einfach nur nett und interessiert. Die Männer grüßen und lachen, aber keiner hat mich bisher doof angemacht oder ist anzüglich geworden. Sehr, sehr angenehm. Ich fühle mich sehr sicher, auch wenn ich nachts allein durch die Stadt laufe (was sich nicht vermeiden lässt, da es um sechs schon dunkel wird).
Da die Banken kein Geld wechseln dürfen und man im Ausland auch keine Kyat bekommt, muss jeder Tourist die gesamte Reisekasse cash in US Dollars mitbringen. Da ich nicht weiß, wie viel ich brauche, da Myanmar im Vergleich zu Thailand teurer ist und da ich auch Notfälle einplanen musste (Krankenhaus … Gott bewahre), habe ich 2300 US Dollar im Handgepäck. Das Geld muss man dann bei windigen Schwarzhändlern einwechseln. Geht nicht anders. Ich habe mich also nach dem Loose Reiseführer gerichtet und bin zur Sule Pagode gelaufen, wo es angeblich die besten Wechselkurse gibt. Wurde auch einige Male angesprochen und habe mich dann für einen dubiosen jungen Mann mit dem besten Kurs entschieden. Und der hat meiner Burma Euphorie und meiner Gutgläubigkeit mal flugs jeden weiteren Nährboden entzogen. Er führte mich um die Ecke in sein „Büro“ – ein Sitzensemble in einer Seitenstraße, das aus einer Puppenstube zu stammen schien. Er schickte nach seinem Kollegen, der nach 5 Minuten mit mehreren Bündeln Scheinen aufkreuzte. Ich wollte 300 Dollars wechseln, denn je mehr man wechselt, desto besser der Kurs (steht auch im Loose). Mir wurde ein Kurs von 1.100 Kyat pro Dollar versprochen, also 330.000 Kyat. Das sind viele, viele Scheine. Laut Loose kann man die aber oft nichtmal nachzählen, da die Transaktion ja offiziell verboten ist. Ich bestand aber auf das Zählen. Ich weiß nicht, mit welchen Taschenspielertricks die mich übers Ohr gehauen haben, ich habe mir jeden einzelnen der 330 Scheine vorzählen lassen. Als ich das Geld dann im Hotel nachzählte waren es nur 220 Scheine. Ich wurde also um 100 Dollar beschissen. Ach Gott, ach Gott, ist mir die gute Laune abgeschmiert!!! Aber kann man nichts machen, 65 EUR in den Sand gesetzt, davon geht die Welt nicht unter. Zum Glück steht der Dollar so schwach im Vergleich zum Euro. Und nochmal passiert mir das nicht, das nächste Mal zähle ich selber.
Bin dann zerknirscht zum zweiten Mal zur Hauptsensation der Stadt gefahren – zur goldenen Shwedagon Pagode. Da war ich schon mittags gewesen, bei Sonnenlicht, und abends wollte ich mir das ganze nochmal bei Nachtbeleuchtung anschauen. Die Pagode und die Tempel und Stupas außenrum sind gelinde gesagt atemberaubend. Gold, Gold, Gold. Die Pagode ist 100 m hoch und mit insgesamt 9,75 Tonnen Gold verziert. Oben sind über 5000 Diamanten, Rubine und Saphire eingelassen, der Schlussstein ist ein 76 karätiger Diamant, insgesamt sind es fast 2000 Karat Diamanten. Das muss man gesehen haben, wie das leuchtet! Und drumherum lauter kleine Tempel und Pagoden mit Buddha Statuen und allerlei anderen buddhistischen Devotionalien.

Die Shwedagon Pagode bei Tag von nah ...

... und bei Nacht aus der Entfernung.

Ich vergolde den Buddha mit Blattgold - das bringt Glück!
Mittags habe ich eine Privatführung gemacht. Als ich dann abends da saß, mir die beleuchtete Pagode anschaute und versuchte, dem Geldbetrug mit buddhistischer Gelassenheit zu begegnen, setzte sich ein junger Burmaner zu mir. Ich war sofort misstrauisch, und dachte, der will mir bestimmt eine Führung aufdrängen, erzählt mir ungefragt ein paar Sachen und will dann Geld. Er sagte aber, er wolle nur sein Englisch üben und erzählte von sich, seiner Ausbildung, seiner Familie, seinem Leben – wir haben uns fast ne Stunde unterhalten, nebenbei zeigte er mir einige interessante Details rund um die Pagode. Am Schluss schenkte er mir noch eine kleine Gebetskette aus Holz. Dann verabschiedete er sich sehr höflich und stieg in den nächsten Bus. Er wollte tatsächlich kein Geld, er war einfach nur sehr freundlich. Das hat mich wieder versöhnt.
Trotzdem reise ich morgen ab. Habe mir ein Busticket nach Bagan gekauft – neben Angkor die größte architektonische Sensation in Südostasien. Die Fahrt dahin dauert 15 Stunden, und das Busunternhmen ist besonders stolz darauf, Videovorführungen während der Fahrt anzubieten. Das kann ja heiter werden. Hoffentlich wird diese Darbietung nachts unterbrochen, damit man schlafen kann. Die kennen da ja nix, die lassen sich ja von Lärm nicht um den Schlaf bringen. Und hoffentlich hat der Busfahrer ordentlich Betelnüsse in den Backentaschen, damit der mir nicht unterwegs einpennt …
Kategorien : Allgemein, Burma