Hellseher und Stinkfrüchte

20 11 2009

Zuallererst: Vielen Dank für die vielen Kommentare! Ich freue mich über jede Nachricht wie ein Schneekönig. Leider kann ich nicht jede Nachricht beantworten, weil die Antwort dann immer sonstwo auftaucht nur nicht bei dem entsprechenden Kommentar. Wenn ich von Euch lese geht die Sonne noch mehr auf! Bitte macht weiter so!

Bin inzwischen wieder in Bangkok. Die Reise von Khao Sok hierher war eine ganz feine Sache – meine erste Zugfahrt in einem thailändischen Schlafwagen, und bestimmt nicht meine letzte. Nach einer 2 stündigen Busfahrt nach Surat Thani und 3 Stunden Wartezeit wegen Zugverspätung konnte ich gegen halb 10 meine Schlafkoje im Zug beziehen. Ganz wunderbar sind die! Die Kojen sind längs zur Fahrtrichtung angelegt und jeweils mit einem Vorhang abgetrennt. Man liegt in einem gemütlichen und recht geräumigen Nest, und kann sich in den Schlaf schaukeln lassen. Ich fands total super. Ab 6 Uhr morgens werden die Thais allerdings leider sehr munter und es werden lautstark Frühstück und Getränke angeboten, die von alten Frauen in Körben durch den Zug getragen werden. Man versteht ja nicht, was die rufen, daher schreckte ich immer hoch und riss den Vorhang auf um zu sehen, ob wir schon in Bangkok sind. Der Thai in der Koje unter mir passte mich auch gleich ab und bat mich, die Koje einklappen zu können. Ich wollte ja auch nicht unhöflich sein, also sagte ich ok. Wie bei Transformers wird die obere Koje eingeklappt, die untere in zwei Sitze ausgeklappt. Plötzlich sieht man gar nichts mehr davon, dass das mal ein Schlafwagen war. Faszinierende Technik.

Schlafkojen im Nachtzug nach Bangkok: Gemütlich!

Schlafkojen im Nachtzug nach Bangkok: Gemütlich!

In Bangkok zog ich in mein Hostel etwas abseits der Khaosan Road ein. Dann musste erstmal ein Auf- und Abflanieren der Khaosan sein, das ist der Sammelpunkt aller Rucksacktouris, wo es alles gibt – von geflochtenen Zöpfchen über Tattoos, Massagen, Maßanzüge, Reisebüros, Kneipen, Garküchen und Wahrsager. Letzteres wurde für mich leider zur Touristenfalle. Ich wurde von einem sinister aussehenden indischen „Yogi“ mit Turban und schattigen Augenhöhlen angesprochen, der sich selbst als Wahrsager und Handleser vorstellte. Er würde mir seine Fähigkeiten erst kostenlos unter Beweis stellen, indem er mir den Namen meiner Mutter, meinen Beruf und mein Geburtsdatum sagen würde. Erst wenn er das korrekt aus meiner Hand lesen würde, müsste ich was zahlen. Ich ahnte ja schon, dass das ein Fall für Nepper Schlepper Bauernfänger werden würde, aber die Neugierde war stärker als die Vernunft. Nachdem er mir Ruhm, Reichtum und den perfekten Ehegatten vorhergesagt hatte, fing er mit seinen Taschenspielertricks an. Letztendlich gewann er den Deal, indem er mit geschickten Finger irgendwie einen Zettel in meine Hand schmuggelte, auf denen die gewünschten persönlichen Angaben standen. Er schenkte mir dann noch ein Affensiegel aus Plastik als Glücksbringer und prophezeite mir Zwillinge. Da sind wir ja alle sehr gespannt …

Den Abend verbrachte ich in einer Kneipe mit einem älteren Kanadier, den ich beim Überqueren einer gefährlichen Straße kennen gelernt hatte. Er lebt seit 2 Monaten in Bangkok und hat noch nie was von Angkor oder anderen Sehenswürdigkeiten in der Gegend gehört. Ich zwang ihn dann, den Lonely Planet Reiseführer zu kaufen, was er gefügig tat.

Heute standen Amtsbesuche auf dem Programm. Um 6 morgens raus und los zur Botschaft von Myanmar (Burma), Schlange stehen. Das war ganz interessant, weil ich gleich einige nette Myanmar Reisende kennen lernte und viel Insider Infos abgreifen konnte. Die bestätigten übrigens alle, dass Burma das sicherste Reiseland überhaupt ist, besonders für allein reisende Frauen. Die Botschaftsbeamten waren allerdings ein Fall für sich – genauso wie man sich Beamte einer Diktatur vorstellt: barsch, kurz angebunden und irgendwie furchteinflößend. Ich musste sogar meinen wahren Beruf verschleiern, weil Grafiker, Künstler, Fotografen und ähnliches Gesindel kein Visum kriegt. Ich bin jetzt offiziell Lehrerin beim Software Schulungsunternehmen Goetzinger + Komplizen. Fünf Stunden nach Antragstellung durfte ich meinen Pass mit Visum abholen. Hat alles geklappt. Ich habe ein Vsium für Myanmar!

Die Zwischenzeit habe ich im Siam Paragon verbracht, das ist eines der modernsten Shopping Center von Bangkok. Man kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. In dem Center jede Ebene einem Thema gewidmet: ein kompletter Sealife Aquapark, 13 Kinos, eine Etage voller Tanz- Sprach- und Massagenschulen, dann natürlich jede Menge Nobeldesignermarken, Spas, Schmuck etc. Aber das beste war die Fress-Etage. Ein riesiger Gourmet Food Markt, und drumherum ein Restaurant am anderen, u.a. allein vier verschiedene japanische Restaurants. Ich dachte: Wenn ich Sushi essen will, dann hier. Ich ließ mich also beim Japaner nieder und bestellte neben einer Sushiplatte eine exotisch aussehenede Fischsuppe, die mich ziemlich überforderte: Sie wurde in einer kleinen Teekanne serviert, die zwei Deckel übereinander hatte und obendrauf lag eine Limette. Kein Löffel. Ich saß eine Weile rätselnd vor der Kanne und musste mich schließlich als Anfänger outen indem ich um Essanweisung bat. Man muss die beiden Deckel abnehmen, die Limette in die Suppe geben, dann die Brühe portionsweise in den umgedrehten Deckel gießen und trinken. Die Suppeneinlage wird mit Stäbchen aus der Kanne gefischt. Wieder was gelernt. Die Suppe war übrigens ganz lecker, enthielt aber irgendeine streng schmeckende Fleischzutat die ich am Schluss in Form eines kleinen Gekröses aus der Kanne fischte. Ich wandte mich dann schnell der Sushiplatte zu. Die schmeckte genau gleich wie im Sushi Circle. Dafür musste ich echt nicht um die halbe Welt fliegen…

Als Nachtisch wollte ich dann am Nachbarstand ein Eis essen. Lauter sehr exotische Sorten gab es da. Einer der Eisbehälter war mit einem Platikdeckel abgedeckt und ich stellte fest, dass es sich um Stinkfrucht-Eis handelte. Durian, die Königin der Früchte, die so streng riecht, dass sie nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden darf. Ich muss das Eis wohl so fassungslos angestarrt haben, dass es sich ein freundlicher Thai nicht nehmen ließ, mir eine Kugel davon zu spendieren. Was macht man da? Man kann ja auch nicht ablehnen, also: tapfer rein mit dem Stinkfruchteis. Das ist ein ganz bizarrer Geschmack, irgendwas zwischen faulem Obst und altem Harzer Roller. Aber trotzdem ganz interessant. Ich habe tatsächlich die ganze Kugel geschafft!

Hinten rechts: Der Außenseiter unter den Eissorten muss einen Deckel tragen weil er so stinkt.

Hinten rechts: Der Außenseiter unter den Eissorten muss einen Deckel tragen weil er so stinkt.

Wieder zurück in der Khaosan Road habe ich gleich den Flug nach Myanmar gebucht. Ich fliege nächsten Dienstag mit Bangkok Airways nach Yangon, Rückflug am 18.12. Bin also fast vier Wochen in Burma! Da das Vorwärtskommen dort extrem zeitraubend ist (Ca. 7 Stunden für 150 km) werde ich diese Zeit auch brauchen, wenn ich viel sehen will. Und keine Sorge: So abenteuerlustig bin ich nun auch wieder nicht, dass ich mich an Militärposten vorbei in Sperrgebiete reinschleiche. Wenn man sowas unterlässt, hat man da nichts zu befürchten.

Jetzt lasse ich den Abend bei einem Singha Bier und einem Spicy Papaya Salad ausklingen. Ich sitze gerade in einem schummrigen Winkel in einer Kneipe an der Rambuttri Road. Die nächsten drei Tage bin ich ja noch in Bangkok, da werde ich mich mal in den anderen Vierteln umschauen.

Meine Nachbarschaft

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