Bagan
1 12 2009Bin seit vier Tagen in Bagan. Aber erstmal eine kurze Schilderung der Anreise: Los ging’s am Donnerstag um vier aus Yangon mit dem Nachtbus, 14 Stunden Fahrt mit einem Bus voller Asiaten, ich die einzige Wetslerin an Bord. Wie befürchtet wurde gleich mal eine DVD eingelegt, ein Live-Mitschnitt der burmesischen Superstars „Iron Cross“, die Hits wie „The Summer of 69“ oder „La Isla Bonita“ auf burmesisch covern und als ihre eigenen Kreationen verkaufen. Tatsächlich sind fast alle Burmesen jeder Alterstufe Fans der Band und total stolz drauf, dass ihr Land so tolle Musik hervorgebracht hat. Danach wurde eine züchtige Soap-Opera billigster Machart vorgeführt, und zu fortgeschrittener Stunde, als ich eigentlich schlafen wollte, kamen dann die Kung Fu Filme, wo sich kleine Männer unter ohrenbetäubendem Gekreische und Gebrülle gegenseitig aufs Maul hauten. Gegen zwölf war dann Ruhe und man konnte schlafen. In jeweils ca. 2 stündigen Intervallen, dann kam wieder ein militärischer Kontrollposten, der mich an die DDR erinnerte, und alle mussten ihre Pässe zeigen. Mir kam es so vor als hätten die Kontrollettis noch nie nen deutschen Pass gesehen, sie fragten misstrauisch wo ich her sei und wie ich heiße und was ich wolle. Aber sie ließen mich zum Glück weiter reisen, nachdem sich mich als „Marion Andrea“ in ihre Liste eingetragen hatten. Die Fahrt war auf jeden Fall jeden Pfennig wert, eine echte Erfahrung – von der Videodarbietung über meinen grenzdebilen Sitznachbarn, der mich immer mit seinen knallroten Betelzähnen angrinste über die Reifenpannen, den Motorschaden, das schmuddelige Restaurant, in dem wir Abendessen sollten bis zu den Militärposten. Echt Burma.
Morgens um 6 kamen wir in Bagan an. Ich ließ mich per Pferdekutsche (dem Hauptverkehrsmittel hier!) in das Guesthouse meiner Wahl im Ort Nyaung-U fahren, das auch wirklich sehr gemütlich, zentral und billig ist (ca. 8 EUR inkl. AC, eigenem Bad, TV). Nach einer kurzen Verschnaufpause schnappte ich mir eine neue Kutsche, mietete diese gleich mal für den ganzen Tag (7 EUR) und ließ mich gemütlich ins Pagodenfeld kutschieren.

Blick vom Hotel: fast nur Kutschen unterwegs
Ich bin jetzt seit vier Tagen in Bagan, und kann ohne zu übertreiben sagen, dass das der schönste Ort ist, den ich je gesehen habe. Man könnte heulen, so unglaublich schön ist das.
Auf einer Fläche von ca. 40 Quadratkilometern stehen heute noch 2230 Pagoden, Tempel und Stupas. Das Land selbst ist relativ trocken mit Palmen, Kakteen und Sesamfeldern, und alle paar hundert Meter steht so ein Bauwerk aus rötlichem Stein. Wenn man da hoch steigt und sich umschaut ragen überall die spitzen Monumente aus der Landschaft, soweit das Auge reicht. Unglaublich.
Am zweiten Tag bin ich schon um 5 aufgestanden, habe mir ein klappriges Rad geliehen und bin in der Dunkelheit zur Tayokpye Pagode gestrampelt, um den Sonnenaufgang anzuschauen. Leider können weder Worte noch Fotos auch nur ansatzweise wiedergeben, wie schön das wirklich aussieht. Hier mal ein paar Impressionen:

Sonnenaufgang - fast schon kitschig

Und das 360 Grad rundum

Ich war wirklich da
Nachmittags habe ich mir von einem 14-jährigen Jungen namens Lin Lin, den ich unterwegs kennengelernt hatte, die Highlights zeigen lassen. Wir sind zusammen mit dem Fahrrad durch die Gegend gefahren und er hat mir alles erklärt. Zum Dank habe ich ihm einige seiner Bilder abgekauft, das hat ihn so gefreut, dass er auf der ganzen Heimfahrt gesungen hat.
Gestern bin ich dann wieder auf eigene Faust rumgefahren, habe mich ein bisschen im Dorf umgeschaut und nachmittags vier Stunden auf meiner Lieblingspagode gesessen, gelesen und die Bauern bei der Ernte beobachtet. Wie bei uns vor 100 Jahren, mit Ochsenkarren und Dreschflegeln. Dabei haben sie viel gelacht und gesungen. Die Menschen sind hier zwar teilweise extrem arm – aber von Elend keine Spur, jedenfalls nicht hier in Bagan. Wo man hinschaut freundliche Gesicher, höfliche Umgangsformen, viel Gelächter und Zusammenhalt. Mir kommen die Leute überhaupt nicht unglücklich oder unzufrieden vor – jedenfalls weniger als bei uns. Ich fühle mich jedenfalls sehr wohl hier.
Gestern lernte ich dann in meinem Guesthouse einen älteren Frankfurter namens Alexander kennen, der gerade dabei war, im Hinterhof einen Kartoffelsalat und Fischsuppe zu kochen. Er meinte, man können sich auf die Hygiene in den Restaurants ja nicht verlassen, daher koche er generell immer alles selbst. Morgens war er auf dem Markt gewesen, hatte frischen Fisch und Gemüse gekauft und den bereite er jetzt zu. Er lud mich zum Mitessen ein, was ich auch tat.
Seit gestern Abend liege ich jetzt mit Brechdurchfall, Schüttelfrost und Bauchkrämpfen auf meinem Zimmer. So viel zum Thema Hygiene. Mittlerweile geht’s zum Glück wieder besser. Die Hotelinhaberin hat irgendwann auch geklopft weil ihr aufgefallen war, dass ich noch nicht aus meinem Zimmer aufgetaucht war. Sie hat mich dann mit Tee und Elektrolytpulver versorgt, die Gute.
Schade, eigentlich wollte ich ja morgen einen Tagesausflug zum Mount Popa machen, da ist morgen ein Spektakel zu Ehren der Nats (Geister), mit Tausenden von Pilgern. Wäre bestimmt sehr interessant geworden, aber ich traue mich noch in keinen Bus. Jetzt mal abwarten wie’s mir morgen geht und ob ich das Haus verlassen kann.Und wenn alles gut geht, werde ich wohl wie geplant am Mittwoch per Schiff nach Mandalay weiter reisen. Schade eigentlich. Hier in Bagan hätte ich’s auch noch ne Weile aushalten können.
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