Elefanten, Opium und der Mekong

30 12 2009

Inzwischen bin ich in Luang Prabang in Laos angekommen. Aber erstmal der Reihe nach:

Zum ersten Weihnachtsfeiertag hatte ich mir ja einen Elefantenausflug mit Mahout Crash-Kurs geschenkt. Das hat sich auch wirklich gelohnt! Ich habe ein schönes Elefantencamp ohne Fußball- oder Kopfstand-Vorführungen gefunden. Die 12 Elefanten leben da ganz gediegen im Grünen, dürfen sich von Touristen füttern lassen und müssen diese dann ein bisschen durch den Dschungel tragen.

Bevor wir zu den Elefanten durften, musste eine blaue Mahout Tracht angelegt werden, die ziemlich unvorteilhaft aussah und bei einigen Frauen gewagte Einblicke zuließen. Zum Glück stellte ich das rechtzeitig fest und beschaffte mir ein Oberteil, das vorne geschlossen war. Dann ging’s rüber zu den Elefanten, die wir zunächst mit großen Mengen Bananen und Zuckerrohr bestechen durften. Das allein war das Geld schon wert! Hatte ja noch nie einen Elefanten angefasst … der Rüssel ist ganz schrumplig und borstig und vorne ist ein kleiner Finger dran, mit dem der Elefant kleine Dinge greifen kann. Und permanent atmet das Tier große Mengen Rotze aus, aber nicht unsympathisch.

Bestechung mit Bananen

Bestechung mit Bananen

Ich kam auch in den Genuss eines Elefantenkusses: Das Tier saugte sich mit seinem Rüssel an meiner Backe fest, erzeugte ein Vakuum und ließ mich mit lautem Schmatzen wieder los. Komischer Geruch, und sehr viel Feuchtigkeit in meinem Gesicht! Nachdem wir die Elefanten mit Futter auf unsere Seite gezogen hatten, erhielten wir unsere Mahout Lektionen: Aufsteigen, absteigen, lenken, vorwärts reiten, anhalten.

Elegantes Aufsitzen

Elegantes Aufsitzen

Als ich zum ersten Mal auf den Rücken stieg, hatte ich schon ganz schön weiche Knie. Hinter den Ohren angelangt stellte ich fest, dass so ein Elefant ganz schön hoch ist, dass sein Kopf oben drauf wie zwei weiche Kissen hat und dass man sich an den Ohren gut festhalten kann. Und dass dieser gigantische Berg aus Muskelmasse absolut unkontrollierbar ist und macht was er will, bzw. jedenfalls ganz bestimmt nicht das, was ich ihm sage. Habe größten Respekt vor den Mahouts, die so einen Elefanten lenken können (wobei das wohl nicht ganz sanft abläuft, vor allem nicht während der Elefantenausbildung…)

Born to be Mahout

Born to be Mahout

Nach dem Mittagessen ging es dann auf Dschungeltour. Ich saß zuammen mit einer anderen Frau auf einem freundlichen Elefanten – die erste Hälfte des Ausflugs wie geübt hinter den Ohren, die zweite hinten auf dem Rücken. Der Rücken ist ziemlich breit und oben steht die Wirbelsäule gefühlte 50 cm raus. Mann, hat mir am nächsten Tag der Hintern weh getan! Der Ritt ging zwei Stunden und endete in einem Tümpel, in dem die Elefanten mit uns oben drauf baden durften. Ich sah allerdings zu, dass ich mich möglichst vom Wasserkontakt fern hielt – die Tiere haben nämlich die Angewohnheit, ordentlich zu verdauen, sobald sie das Wasser betreten. Jedenfalls sah es so aus und roch auch so, als würde sich da mehr Elefantenkacke als Wasser in dem Tümpel befinden. Abschließend kann ich aber auf jeden Fall sagen: Insgesamt war es ein Spitzenerlebnis und hat einen Risenspaß gemacht!

Leider hatte der Ausflug unangenehme Folgen, die sich erst am nächsten Morgen offenbarten: Meine Unterschenkel waren innen von unansehnlichen Quaddeln übersäht, die höllisch juckten und sich im Laufe der folgenden Tag in gelbliche Pusteln und dann in dunkelviolette Placken verwandelten, die so abstoßend aussehen, dass ich nun gezwungen bin, lange Hosen zu tragen, um meinen Mitmenschen diesen Anblick zu ersparen. Zum Glück erhielt ich umgehend von meinem Freund Uli, der Hautarzt ist, eine umfassende Ferndiagnose und Anweisungen zur Medikation. Dank Cortison und Antibiotika klingt die Pestilenz langsam ab. Da ich ja nicht nur die Sonnenseiten meiner Reise mit Euch teilen will, hier ein Foto:

Das nächste Mal trage ich lange Hosen

Das nächste Mal trage ich lange Hosen

Am Tag nach dem Elefantenritt stromerte ich durch Chiang Mai, ging nett essen und schaute mir die Tempel an. In einem lernte ich einen 24-jährigen Mönch (bzw. Novizen) kennen, mit dem ich mich fast eine Stunde unterhielt. Er lud mich für abends in sein Kloster ein, was ich natürlich gerne annahm. Er holte mich abends pünktlich am Eingang ab, zeigte mir die Anlage, schloss den Tempel auf und wir setzten uns vor den großen goldenen Buddha und unterhielten uns insgesamt fast drei Stunden. Nachdem er mir einiges zu seinem Leben als Novize erzählt hatte, gab er mir eine Meditationseinweisung und dann meditierten wir eine Viertelstunde zusammen. Das war toll, die Atmosphäre in der Tempelhalle war so friedlich und beruhigend. Ich glaube, das werde ich mir zu Hause auch zur Angewohnheit machen. Dann unterhielten wir uns über weltliche Dinge.

Madaong (Name von der Redaktion geändert) erklärte, das er nach 10 Jahren im Kloster nächstes Jahr ins normale Leben zurück kehren wolle und holte bei mir praktische Tipps ein – vorallem was sein hoffentlich bevorstehendes Liebesleben betraf. Er wollte genau wissen, wie man einen Partner findet, wie man eine Beziehung führt, ob Seitensprünge okay seien und ob man in Kneipen tatsächlich betrunkene Frauen sehen könne. Er gestand mir flüsternd, dass er sich die Woche zuvor eine Jeans gekauft habe, die er nachts schonmal heimlich angezogen hatte – und wenn das raus käme, hätte das seinen sofortigen Rausschmiss zur Folge. Aber damit nicht genug: Er hätte letzten Monat in Laos heimlich Fußball gespielt, das dürfe aber auch keiner wissen. Und dann nahm seine Stimme einen ganz vertraulichen Ton an und er wollte wissen, ob er mir eine sehr private Frage stellen dürfe. Ohje, dachte ich, jetzt wird’s bestimmt peinlich. Seine Frage war, ob es tatsächlich stimme, dass es in Deutschland FKK-Badestrände gäbe. Als ich dies bejahte, schlug er sich die Hände vor’s Gesicht und brach in schrilles Gelächter aus. Er wollte jedes Detail wissen und plante gleich eine Reise nach Deutschland für’s nächste Jahr. Zuvor wolle er aber in einer Kneipe arbeiten, um genug Geld zu verdienen und um betrunkene Frauen aus der Nähe zu sehen. Madaong war jedenfalls ein sehr unterhaltsamer Gesprächspartner, wir haben sehr viel gelacht und uns über Gott und die Welt unterhalten. Und ich stellte fest, dass er trotz seines völlig anderen kulturellen Hintergrunds (er stammt aus einem kleinen Dorf in Laos) und seiner völlig anderen Ausbildung und Lebensweise gar nicht so anders tickt als die Leute, die ich sonst so kenne. Um ehrlich zu sein, habe ich mich mit ihm sogar besser verstanden als mit so manchem Deutschen, den ich bisher auf der Reise kennen gelernt habe.

Zu Gast beim neugierigen Mönch

Zu Gast beim neugierigen Mönch

Am nächsten Tag packte ich meine Siebensachen und reiste mit dem öffentlichen Bus nach Chiang Rai und von dort zum berühmt-berüchtigten Goldenen Dreieck. Das ist die Region im Grenzgebiet von Laos, Thailand und Burma, wo Schlafmohn angebaut und Opium bzw. Heroin produziert werden. Heute natürlich angeblich nicht mehr, da unter Todesstrafe verboten. Inoffiziell aber schon noch. Ich schaute mir das Goldene Dreieck aus nächster Nähe an: eine goldgelbe dreieckige Sandbank im Mekong, wo Laos, Thailand und Burma zusammen stoßen. Anschließend besuchte ich die „Hall of Opium“, ein Museum voller Opiumpfeifen, Opiumgewichte und anderer Accessoires. Ich hätte ja gerne mal so einen Opiumklumpen in der Hand gehabt und daran gerochen, aber das gab’s leider nicht.

Opiumraucher in Aktion

Opiumraucher in Aktion

Von da fuhr ich per Pick-Up weiter nach Chiang Khong, von wo aus am nächsten Morgen meine Bootsfahrt den Mekong runter nach Luang Prabang in Laos los ging. Leider hielt sich das gebuchte Guesthouse nicht an die Abmachung und erledigte die Beantragung des Laos Visums nicht – sehr zum Ärger aller Reisenden. Wir mussten uns also nach einer kurzen Bootsfahrt ans laotische Mekongufer selbst um das Visum kümmern, was ein gigantisches Chaos war. Da waren ca. 200 Touristen, die sich völlig ungeordnet um den kleinen Schalter drängten. Es dauerte aber immerhin nur zwei Stunden, bis alle (bis auf einen traurigen Schwarzen Peter) ihren Pass zurück hatten und endlich gegen eins auf dem Mekong Slow Boat einchecken konnten.

Chaos am Visa-Schalter

Chaos am Visa-Schalter Houay Xai

Den restlichen Tag und den gesamten Tag darauf schipperten wir in gemütlichem Tempo den Mekong runter, rein nach Laos. Obwohl der Fluss zur Zeit sehr wenig Wasser führt ist es doch noch ein beeindruckender Strom. Und wenn man sich das Ufer anschaut und die abgerissenen Bäume weit oben, kann man sich vorstellen, welche Dimensionen der Mekong während der Regenzeit annimmt und mit welcher Gewalt er sich durch die Landschaft wälzt. Die beiden Tage waren jedenfalls grandios, und ich war ganz traurig als wir gestern gegen fünf Luang Prabang erreichten.

Mekong

Mekong

Bötchen fahren

Bötchen fahren

Da bin ich jetzt. Habe noch nicht so viel von der Stadt gesehen – aber mein erster Eindruck ist, dass es die bisher schönste Stadt auf meiner Reise ist. Obwohl in zwei Tagen Sylvester ist, die Vorbereitungen für das Neujahrsfest auf Hochtouren laufen und die Stadt voller Touristen ist, ist Luang Prabang relativ ruhig und wenig hektisch. Und voller wunderschöner französischer Kolonialbauten, Tempel, kleiner gemütlicher Restaurants und Cafés und Märkte, auf denen einem vor Kaufrausch ganz schwindlig wird. Fühle mich hier auf Anhieb wohl. Leider sind die Hotels fast total ausgebucht. Musste heute morgen in ein anderes Hotel umziehen, das ich erst nach ca. zweistündiger Suche gefunden hatte. Und auch da kann ich nur für zwei Nächte bleiben, dann muss ich mir wieder was neues suchen.

So …. habe gerade mein aus Schoko-Kuchen bestehendes Frühstück abgeschlossen. Jetzt werde ich auf Entdeckungstour durch die Stadt gehen. Morgen ist Sylvester, und ich glaube, das hier ist der ideale Ort zum Feiern. Habe ja auf dem Boot viele Leute kennen gelernt, vielleicht treffe ich ja jemanden wieder….