Bizarre Erlebnisse im Hochland

30 01 2010

Nach Saigon hatte ich die Wahl: Ans Meer oder in die Berge? Habe mich für letzteres entschieden, ein Busticket nach Da Lat gekauft und bin mal wieder einen kompletten Tag von morgens bis abends im Bus gesessen.

Da Lat ist in den Augen der Vietnamesen die schönste Stadt des Landes. Sie wurde von den Franzosen vor 100 Jahren als Luftkurort gegründet, ein Eiffelturm und viele Blumenbeete beschwören Pariser Flair herauf (zumindest für die asiatischen Touristen). Die Stadt ist echt ganz nett, total verwinkelt und mit vielen steilen Straßen und Gassen.

Pariser Flair in Da Lat - inklusive Eiffelturm

Pariser Flair in Da Lat - inklusive Eiffelturm

Habe im „Pink House“ eingecheckt, und wurde auch gleich vom Besitzer herzlichst empfangen und zu einem Karaoke Abend in einer Bar mitgenommen. Habe ich das auch endlich mal live miterlebt, wie die Asiaten auf Karaoke abfahren. Es waren zwar nicht so viele Gäste da, aber die wenigen haben dafür umso ausgelassener gesungen, und das gar nicht mal so schlecht. Mein Hotelwirt hat fast am besten gesungen, für einen Vietnamesen hatte er auch eine ungewöhnlich sonore Stimme. Zum Glück hatte die Bar nur asiatisches Liedgut im Repertoire, so konnte ich mich elegant aus der Affäre ziehen. Tanzen musste ich dann aber doch, wobei ich den Paartanz aufgrund der doch arg unterschiedlichen Körpergröße zu den potentiellen Tanzpartnern ablehnen konnte (ich war einen Kopf größer als alle).

Karaoke live (im Hintergrund: der nächtlich illuminierte Eiffelturm)

Karaoke live (im Hintergrund: der nächtlich illuminierte Eiffelturm)

Am nächsten Tag hatte ich eine Moped-Tour durch die Gegend gebucht. Da mein Wirt leider total verkatert war vom Abend zuvor (er hatte noch munter weiter gefeiert), sprang sein Cousin ein. Ich war seine Beifahrerin auf seinem Moped, ein deutsches Pärchen fuhr selbst (Respekt!). Endlich eine Tour abseits der ausgelatschten Touristen-Pfade. Das krasse Gegenteil zur Mekong-Delta-Tour. Wir fuhren fast 160 km durch die bergige Landschaft, es sah fast aus wie im Nordschwarzwald, allerdings mit Pinienwäldern und blühenden Kaffeeplantagen. Dass Kaffee so gut riecht hatte ich gar nicht geahnt, fasst wie Jasmin, nur nicht ganz so süßlich. Und hübsch aussehen tut’s auch.

Wir besichtigten eine Gerbera-Blumenfarm, eine Seidenfarm (wo man dabei zusehen konnte, wie die Seidenraupen aus ihrem wolligen Kokon ausgewickelt wurden und nackt zurück blieben), eine Elefantenohr-Pilz-Farm, eine Pagode und einen besonders tollen Wasserfall. Bei dem konnte man durch eine Höhle auch hinter das herab stürzende Wasser gelangen – da war so ein Sturm, dass man kaum schnaufen konnte. Besonders spektakulär fand ich den Besuch einer Insekten Farm. Da werden Grillen und Skorpione für den menschlichen Verzehr gezüchtet, ein Riesengewimmel in Dutzenden von großen Plastikbottichen.

Kleiner Snack für unterwegs

Kleiner Snack für unterwegs

Außerdem werden Fliegen und Maden im großen Stil gezüchtet, als Hühnerfutter. Das war ganz besonders abscheulich, vor allem wegen des Gestanks des verdorbenem Fleischs, in dem die Maden rumwimmeln. Nach der Farmbesichtigung wurden gebratene Grillen zur Verkostung angeboten, diesmal aber nicht kross durchfrittiert, sondern innen noch schön saftig. Also gut, ich war ja auf der Suche nach kulinarischen Experimenten – rein mit der Grille. Geschmacklich nicht so übel, ein bisschen nussig, ein bisschen modrig. Naja. Hat nicht das Potential zu meiner neuen Leibspeise.

Grille essen

Grille essen

Dann ging’s auf einen Markt in einem kleinen Ort. Endlich mal mit einheimischem Führer, so dass man alles fragen konnte und alles erklärt bekam. Da habe ich auch erfahren müssen, dass die eklige rote schleimige Frucht, die ich in Saigon auf dem Markt angeboten bekommen hatte, gar nicht zum Verzehr gedacht ist sondern zum Färben von Kleidern. Die Marktfrauen können schon gehässig sein. Mein Tourguide fand’s jedenfalls sehr lustig, dass ich die eklige Frucht gegessen hatte. Er kaufte für uns Touristen eine große Wundertüte voller exotischer Früchte, die ich fast alle noch nie gesehen geschweige denn probiert hatte. Da waren schon einige dabei, die in Deutschland ein Importschlager werden könnten. Meine Lieblingsfrucht war klein, rot, hatte einen gestreiften Kern und saftiges, saures Fruchtfleisch, das nach Stachelbeeren schmeckte. Leider wusste der Guide nur den vietnamesischen Namen, und den habe ich vergessen.

Auf dem Markt habe ich dann neben allerlei hässlichen Tierteilen wie z.B. glotzende Augäpfel und abgezogene Rindernasen auch zum ersten Mal mit eigenen Augen Hundefleisch gesehen. Da lag ein Viertel Hund auf dem Schlachtblock, mit Pfote dran. Grauenhaft. Unser Tourguide outete sich als großer Hundeliebhaber im kulinarischen Sinn. Noch besser sei allerdings Katze, aber leider auch schwerer zu bekommen und viel teurer. Dafür wurde er von uns Deutschen kräftig ausgeschimpft, was ihn sehr amüsiert hat.

Hund

Hund

Später während der Fahrt stieß er mal einen kleinen Schrei aus, weil er auf der Straße einen Riesengecko gesehen hatte. Er war kurz davor, anzuhalten und umzudrehen. Ich dachte, er wollte uns das seltene Tier aus der Nähe zeigen und was zoologisches dazu erzählen. Von wegen: Er wollte es einsacken und mit nach Hause nehmen für den Kochtopf. Ich überredete ihn dringlich zur Weiterfahrt, was er zum Glück auch tat.

Nach dem Markt stand ein Besuch bei einer „ethnischen Minderheit“ an (das heißt wirklich so). Es gibt über 50 solcher Minderheiten, fast alle irgendwo in den Bergen, und jede hat ihre ganz eigene Sprache. Wir besuchten zwei Familien, die uns ihrer Spinn- und Webkünste vorführten. Außerdem war es interessant zu erfahren, dass Frauen für einen Ehemann ordentlich zur Kasse gebeten werden, wenn sie heiraten wollen. Eine Frau kann auch mehrere Männer haben (wenn sie das nötige Kleingeld bzw. Vieh besitzt), oder sich mit ihren Schwestern gemeinsam einen Mann teilen (wenn man sparen muss). Wenn der Mann sich scheiden lassen will, muss er das doppelte seines Einkaufspreises an die Frau zahlen. Das finde ich mal ein gutes System.

Die Frau, die wir besuchten, hatte drei Kinder, aber keinen Mann. Für den hatte die Kohle nicht gereicht. Sie erzählte unter anderem von den Schrecken der Geburt ihres zweiten Kindes im staatlichen Krankenhaus, wo sie in einem Bett hatte liegen müssen und von lauter Ärzten und Schwestern gepiesakt wurde. Ihr drittes Kind gebahr sie dann doch lieber wieder in ihrer Hütte, auf dem Boden hockend und sich am Wandbalken festklammernd. Das sei doch deutlich angenehmer gewesen.

Nach dem Mittagessen bei seinem Onkel erklärte unser Tourguide dann noch die Tücken und Fallstricke der vietnamesischen Sprache. Die sieht ja geschrieben eigentlich ganz simpel aus, es scheint relativ wenige kurze Wörter zu geben, die sich durch irgendwelche Akzente in alle Himmelsrichtungen unterscheiden. Wir wurden allerdings belehrt, dass die Art der Betonung den Sinn der Wörter ausmachen – und da kann man als Ausländer schnell mal daneben greifen. Die Unterschiede der Betonung einiger Beispielwörter waren für mich einfach nicht hörbar, das klang für mich alles ziemlich gleich. Winzige, unhörbare Abweichungen können aber aus „Kein Problem“ schnell ein „Du hast keinen Schwanz“ machen, oder aus „Bitte eine Papaya“ schnell man ein „Willst Du pimpern?“. Ich habe mich entschieden, immer alles auf englisch zu sagen.

Touristen sollen sich benehmen

Touristen sollen sich benehmen

Heute habe ich mich dann allein auf den Weg gemacht, die Stadt Da Lat zu erkunden. Ich bin zuerst auf dem Markt gewesen. Ich kann von Märkten nicht genug bekommen, aber das sagte ich ja schon. Es gibt immer so viel zu gucken und es sieht so bunt und chaotisch aus.

Dann bin ich zum „Crazy House“ gelaufen, einem architektonischen Wunderwerk, das von der Tochter des ehemaligen Präsidenten geplant und gebaut wurde. Das Gebäude fungiert als bizarres Gästehaus und besteht nur aus organischen, gewachsenen Formen. Ein bisschen in Anlehnung an Gaudi, aber noch wilder. Ich fand’s total toll, hätte auch gerne so ein Haus.

Crazy House

Crazy House

Nachdem ich einmal kreuz und quer durch die Stadt gestiefelt war, und enttäuscht feststellen musste, dass der pittoreske See im Zentrum der Stadt kein Wasser enthielt und daher ein übelriechender Schlammpfuhl war, entschloss ich mich, am nächsten Tag weiter zu reisen: durch die Berge auf dem Ho Chi Minh Pfad nach Hoi An.



Saigon und das Mekong Delta

27 01 2010

Seit fünf Tagen bin ich jetzt in Vietnam, und hier ist schon wieder alles ganz anders. Da hat man sich gerade an ein Land mit seinen Leuten und den typischen Eigenarten und Macken gewöhnt, da kommt wieder was neues auf einen zu. Vietnam und vor allem Saigon (= Ho Chi Minh City) ist ganz anders, als es mir von vielen Leuten, die schon dort gewesen waren, geschildert worden war. Zunächst mal ist mir aufgefallen wie sauber und aufgeräumt alles aussieht, jedenfalls im Vergleich zu Kambodscha und Laos. Und die Leute sind viel zurückhaltender, auf eine stolze, höfliche Art. Manchmal leider auch etwas pampig und kurz angebunden.

Viele hatten ja gesagt, dass man sich Saigon getrost sparen könne, das sei einfach eine laute, hässliche Großstadt. Finde ich so gar nicht! Saigon ist sehr grün, lebendig und aufregend, modern und doch exotisch, hat schöne Märkte, Boulevards, tolle Parks wo früh morgens und abends gemeinschaftlich gesportelt wird, und viele tolle Kneipen, Galerien, Restaurants und auch sonst alles was das Herz begehrt. Außer Ruhe.

Was die Lebensqualität hier am meisten einschränkt sind die Trillionen Mopeds. Die Zeiten, wo sich die Vietnamesen ruhig und fotogen per Fahrrad fortbewegten, gehören leider der Vergangenheit an. Nur noch Touristen strampeln sich auf dem Fahrrad ab. Alle – wirklich alle! – Vietnamesen fahren Moped. Egal wie arm, ein Moped geht immer. Besonders unangenehm und vor allem gefährlich ist die Tatsache, dass es keine Verkehrsregeln gibt. Keine. Jeder fährt wie und wo er will. Der Rechtsvekehr wird grob eingehalten, aber auch nicht immer. Generell hat der Stärkere Vorfahrt, und/oder der, der am längsten und lautesten hupt. Es ist haarsträubend mit anzusehen, was an großen Kreuzungen vor sich geht (Ampeln gibt es selten): Da fahren alle Verkehrsteilnehmer ungebremst von allen Seiten in die Kreuzung ein und hupen wild, weichen sich gegenseitig in Schlangenlinien aus und bremsen, wenn es sein muss. Erstaunlicherweise habe ich noch keinen einzigen Unfall gesehen. Als Fußgänger muss man immer höllisch aufpassen und auf Hupen achten, denn das könnte einem selbst gelten. Hupen statt bremsen ist die Devise. Wenn man nicht sofort zur Seite springt, wird man umgenietet, – auch gerne von Geisterfahrern oder von Links- oder Rechtsabbiegern, die aus dem Nichts auftauchen. Mir stehen schon jedesmal die Schweißperlen auf der Stirn, wenn die Überquerung einer Kreuzung ansteht. Da muss man seine Augen überall haben. Noch bin ich heil geblieben. Toi toi toi.

Nachdem ich mich ja auch in Kambodscha mit der schlimmen Geschichte auseinander gesetzt hatte, musste ich mich natürlich auch mit dem Vietnamesischen Pendant beschäftigen. Also ging’s erstmal ins Kriegsverbrechen-Museum. Über den Vietnamkrieg hatte ich ja schon deutlich mehr gesehen und gehört als über die Greueltaten in Kambodscha. Allerdings meist aus amerikanischer Sicht. Die Amis hatten durch Filme und Dokumentationen irgendwie ein Gesicht, wenn auch kein so arg schönes. Mit den Vietnamesen bzw, den „Viet Cong“ hatte ich zwar Mitgefühl, aber irgendwie waren die mir immer fremd und unheimlich.

Nach dem Besuch des Museums in Saigon hat sich der Spieß umgedreht. Ich finde, das sollte sich jeder Ami mal als Pflichtprogramm anschauen, wo sie doch so gerne mit dem Finger auf uns Deutsche mit unserer Nazivergangenheit zeigen (und wo ja viele Amis immer noch denken, sie hätten den Krieg gewonnen). Ich will nicht schon wieder ins Detail gehen, aber ich bin tatsächlich peinlicherweise mitten im Museum in Tränen ausgebrochen. Drei Millionen tote Vietnamesen, davon zwei Millionen Zivilisten. Alte, Frauen, Kinder, einfache Bauern von den Amis wegmassakriert und mit Gift totgesprüht. Agent Orange zeigt auch heute noch Wirkung durch unzählige schwerbehinderte und deformierte Kinder. Umso erstaunlicher ist es, dass die Vietnamesen wenig nachtragend zu sein scheinen. Viele sprechen englisch, die Sprache des ehemaligen Feindes. Und alle Westler sind herzlich willkommen, auch Amis.

Am Tag drauf habe ich mir dann noch die Tunnelanlagen von Cu Chi angeschaut. Das war höchst faszinierend. Die Vietnamesen hatten ja nichts, waren ja arme Bauern. Aber mit welchen einfachen, cleveren Mitteln sie den Amis das Leben zur Hölle gemacht haben ist schon Respekt einflößend. Vor allem das Tunnelsystem. Um sich vor den Amis zu verstecken wurden gigantische unterirdische Systeme auf drei Etagen angelegt, die so eng waren, dass die großen Amis mit ihrer schweren Ausrüstung erst gar nicht rein gepasst haben. Die Tunnel wurden von Ebene zu Ebene immer enger, ganz unten waren sie nur noch 40 x 70 cm im Durchmesser. Zeitweise versteckte sich ein Großteil der Landbevölkerung da unten vor den Angriffen der Amerikaner. Die Tunnel waren total komplex und engmaschig angelegt, in Zickzacklinien verlaufend und mit Sackgassen und Fallen ausgestattet, so dass die Amis kaum eine Chance hatten, die Tunnel einzunehmen. So konnten die Viet Cong immer heimlich beobachten, wohin sich der Feind gerade bewegte und konnten aus dem Hinterhalt von verschiedenen Seiten angreifen und schnell wieder verschwinden.

Ich krieche durch einen Tunnel der Viet Cong

Ich krieche durch einen Tunnel der Viet Cong

Tunneleingang in Originalgröße. Ich habs gar nicht erst probiert.

Tunneleingang in Originalgröße. Ich habs gar nicht erst probiert.

Auch sonst hatten die Vietnamesen einfache aber schlaue Ideen. Beispiel: Weil sie ja arm waren und weil es 8 Monate im Jahr regnet, trugen die Viet Cong keine schweren Armeestiefel wie die Amis, sondern selbst gemachte Schlappen aus Autoreifen. Die Sohlen wurden symmetrisch oval ausgeschnitten, damit Spurenleser nicht erkennen konnten, in welche Richtung die Vietnamesen gegangen waren. Einfach, billig und wirkungsvoll. Jedenfalls habe ich eine große Sympathie für die Viet Cong entwickelt, obwohl die natürlich auch nicht zimperlich mit Menschenleben umgegangen sind. Aber war ja Kriech…

Einen Vormittag lang habe ich mir dann noch zusammen mit einem sehr netten Paar aus Neustadt den Markt im Chinesischen Viertel durchstöbert. Von den asiatischen Märkten kann ich ja nicht genug kriegen. Was es da alles gibt! So viel Obst, Gemüse, Kräuter, Gewürze, Pasten und allerlei, was man nichtmal identifizieren kann. Man darf aber immer gerne probieren, was manchmal auch nach hinten los gehen kann. Habe zum Beispiel eine kürbisartige orangefarbene Frucht probiert, deren Fleisch dann aber schleimig, Fäden ziehend und blutrot war, geschmacklich eher fad und leicht bitter. Habe die Probe in einem Taschentuch entsorgt. Außer Lebensmitteln gibt es auch alles andere für den Hausgebrauch, zum Beispiel Küchengeräte, Kosmetika, Hüte, Schuhe, Klamotten … man könnte den ganzen Tag da verbringen.

Undefinierbare Gewürze

Undefinierbare Gewürze

Undefinierbare Gemüse im Glas

Undefinierbare Gemüse im Glas

Undefinierbares Glibberzeug

Undefinierbares Glibberzeug

Die letzten beiden Tage habe ich im Mekong Delta zugebracht, auf einer vorgefertigten Pauschaltour. Das war ja nicht so mein Ding. Man wurde per Bus an den oberen Mekong gekarrt, 30 Mann raus aus dem Bus, 10 Minuten Boot fahren, dann Besichtigung einer Obstplantage (mit anschließendem Verkauf), einer Reisnudelfabrik (mit anschließendem Verkauf), einer Reisfabrik (mit anschließendem Verkauf) und einer Coconut-Candy Produktion (mit anschließendem Verkauf), wobei letztere ganz nett war, weil die knetartigen Kokos-Bonbons wirklich lecker waren. Bis die ganzen 30 Leute immer eingesammelt und ins nächste Verkehrsmittel verfrachtet waren … nicht gut für jemand ungeduldigen wie mich. Immerhin habe ich drei nette Spanier kennen gelernt, mit denen war es lustig. Wir haben zusammen abstruse Sachen im Restaurant bestellt und durchprobiert, unter anderem ein Tisch Barbecue mit kleine Fischen und einen Hot Pot mit diversen komischen Fischzutaten, den man sich auf offener Flamme auf dem Tisch zubereitet hat. War aber lecker!

Vietnamesisches Tisch-Barbecue

Vietnamesisches Tisch-Barbecue

Das Highlight der Mekong-Delta-Fahrt war der Besuch eines schwimmenden Marktes bei Can Tho. Das war beeindruckend und im Gegensatz zu den ganzen schwimmenden Märkten um Bangkok rum nicht für Touristen künstlich arrangiert sondern echt. Die Boote drängen sich dicht an dicht und von jedem wird meisten nur ein einziges Produkt verkauft. Um anzuzeigen, was man anzubieten hat, wird das Produkt an einer langen Bambusstange gehisst, so dass es von weitem sichtbar ist. Das sieht nett aus, die ganzen Stangen mit Kürbissen, Rüben, Melonen, Ananassen und allem anderen Obst und Gemüse dran. Wir wurden dann grüppchenweise in kleine Boote gesetzt und wurden durch das Gewimmel von Booten geschippert. Das hat mich wieder versöhnt.

Auf dem Floating Market

Auf dem Floating Market

Morgen geht es weiter nach Norden, nach Da Lat. Da sollen schöne Aktivitäten in der Natur möglich sein. Aber erstmal wieder 7 Stunden Bus fahren. Aber macht mir ja nichts aus. Nur schade um den Tag…

Noch eine kurze Bitte zum Abschluss: Ich freue mich ja immer wie verrückt über alle Nachrichten aus der Heimat. Die meisten schreiben mir mittlerweile Mails an meine Mailadresse, über die ich mich auch immer wahnsinnig freue. Allerdings kann ich die Mails länger und besser als Erinnerung aufbewahren, wenn sie als Kommentar im Blog gepostet werden – denn mein Blog ist ja wie mein Tagebuch der Reise, das ich mir auch noch in einigen Jahren anschauen und durchlesen werde, inklusive der dazu gehörigen Kommentare. Ich werde mir auch alles komplett ausdrucken und aufbewahren. Mails dagegen verschwinden ja irgendwann im Nirvana des Posteingangs und man schaut nie mehr rein. Also, wenn es euch nichts ausmacht, und wenn ihr nicht gerade was privates schreiben wollt, dann schreibt doch einfach in die Blog Kommentare rein. Ich freu mich schon!



Wo der Pfeffer wächst

21 01 2010

Habe mittlerweile eine kleine Tour durch Südkambodscha hinter mir. Nach Angkor und Siem Reap (auch echt ein nettes Städtle!) habe ich ein bisschen mehr Geld in die Hand genommen und bin per Boot nach Phnom Penh geschippert. Der finanzielle Mehraufwand der Bootsfahrt hat sich auch gelohnt, denn so konnte ich mir eine für Touristen angebotene Pauschaltour zu den schwimmenden Dörfern auf dem Tonle Sap sparen. Da ging die Bootsfahrt nämlich direkt dran vorbei. Die Menschen auf dem größten See Südostasiens leben auf Hausbooten und bringen sogar ihre Haustiere auf kleinen schwimmenden Ställen unter. Bestimmt kein einfaches Leben.

Schwimmendes Dorf auf dem Tonle Sap

Schwimmendes Dorf auf dem Tonle Sap

Phnom Penh, die Hauptstadt von Kambodscha, hatte ich mir viel moloch-artiger vorgestellt. Tatsächlich ist die Stadt zwar laut und total mopedverseucht, hat aber einen sehr angenehmen Charme. In die armen Außenbezirke bin ich zwar nicht vorgedrungen, aber die Innenstadt habe ich kreuz und quer durchwandert, war auf den Boulevards, den Märkten, in den kleinen Gassen und an der Strandpromenade – und es hat mir gut gefallen. Auffällig ist, wie jung die Kambodschaner im Schnitt sind. Man sieht fast nur junge Leute, die abends am Flussufer synchron zu Popmusik tanzen und zu zweit oder zu dritt auf ihren Mopeds durch die Stadt heizen.

Französisches Viertel in Phnom Penh (ohne Mopeds)

Französisches Viertel in Phnom Penh (ohne Mopeds)

Auf dem Markt kann man günstig Falschgeld kaufen.

Auf dem Markt kann man günstig Falschgeld kaufen.

Dass es wenig Leute über 40 gibt, liegt wohl unter anderem an der jüngsten Geschichte. Pol Pot und seine Mörderkumpanen der Roten Khmer haben schließlich vor 35 Jahren fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung ausgelöscht. Das muss man sich mal vorstellen. Ein Haufen eigentlich ganz gebildeter Leute (die haben fast alle in Paris studiert) plant den „perfekten“ sozialistischen Bauernstaat und beschließt mal so aus dem Ärmel raus, dass bestimmt Faktoren da nicht rein passen. Städte zum Beispiel. Also wurden nach der Machtergreifung 1975 innerhalb von 48 Stunden unter Androhung der Todesstrafe die Hauptstadt evakuiert und alle Leute aufs Land verfrachtet, um künftig als Reisbauern zu leben. Und weil Bildung und Religion auch nicht ins verquere Konzept passten, wurden alle Intellektuellen, Lehrer, Ärzte, Wissenschaftler, Mönche, ja sogar alle Brillenträger (!) verhaftet, gefoltert und ermordet. Und damit es später keine Racheakte gäbe, gleich auch deren Frauen und Kinder mit. Da wurden also kleine Kinder erschlagen, weil der Vater kurzsichtig war. Man kann es eigentlich gar nicht glauben.

Wenn man sich dann allerdings das Genozid Museum anschaut, das ursprüngliche eine Schule war, dann aber zum berüchtigten Foltergefängnis S-21 umfunktioniert wurde, nimmt das Grauen Gestalt an. Man ist als Deutscher ja durch die eigene Geschichte schon einiges gewohnt, KZ Besuche haben ja auch noch nie jemanden kalt gelassen. Aber das da ist noch ein Stück weit schockierender … vielleicht weil es noch nicht so lange her ist und weil überall noch die Folterinstrumente rumstehen.

Als ich dann aber zum Abschluss noch die Killing Fields vor Phnom Penh besichtigte, nahm das Grauen so reale Gestalt an, dass ich die Nacht drauf kaum schlafen konnte. Die zum Tode Verurteilten wurden nach dem monatelangen Martyrium in S-21 einige Kilometer vor die Stadt gebracht und dort ermordet. Mit Äxten, Hacken und Knüppeln erschlagen, um das Geld für Patronen zu sparen. Noch immer sind nicht alle Massengräber geborgen. Man hat fast 10.000 Tote ausgegraben, aber da sind noch viel mehr in der Erde. Und wenn man da rumläuft, die Gedenktafeln liest und die offenen Massengräber anschaut, wird einem ganz flau. Wenn man aber feststellen muss, dass überall verblichene ehemals bunte Kleiderfetzen aus dem Boden gucken, wird das Grauen schon sehr real. Wenn man dann aber auch noch begreift, dass die Kieselsteine auf den staubigen Wegen gar keine Kieselsteine sondern menschliche Knochensplitter und Zähne sind, dann möchte man am liebsten vor Entsetzen heulen und davon rennen. Es ist schon ein Unterschied, ob man Filme oder Bilder sieht – oder einen menschlichen Zahn vom Boden aufhebt. Selbst jetzt, vier Tage nach dem Besuch der Killing Fields, kriege ich beim Gedanken daran Herzrasen.

Hört sich einfacher an als es ist...

Hört sich einfacher an als es ist...

Die Killing Fields von Phnom Penh.

Ja, das sind Zähne.

Eigentlich wollte ich ja einen amüsanten, lustigen Blog schreiben. Aber das musste ich jetzt los werden, konnte ja bisher mit keinem so richtig drüber reden. Das geht mir seither die ganze Zeit im Kopf rum… Aber jetzt langt’s auch wieder.

Nach dem Khmer Rouge Konfrontationstag bin ich direkt nach Süden abgereist. Bin mit dem Bus erstmal nach Kampot gefahren. Leider nur 5 Stunden Busfahrt. Ich habe mich ja mittlerweile nicht nur ans Busfahren gewöhnt, sondern dasselbe auch lieben gelernt. Man sieht so viel vom Land und kann zwischendurch gemütliche Nickerchen machen. Nirgends schlafe ich so schnell und so gut wie im Bus. Auf der Fahrt nach Angkor war allerdings eine große Katastrophe passiert: Ich ließ mich nach einem Toilettenbesuch auf mein aufgeblasenes Nackenhörnchen fallen, das daraufhin mit einem lauten Knall platzte. Vergeblich versuchte ich das geliebte Schlaf-Utensil in diversen Fahrradwerstätten flicken zu lassen, ohne Erfolg. Glücklicherweise habe ich in Phnom Penh eine Straße entdeckt, die auf Nackenhörnchen spezialisiert war, da konnte ich dann ein neues kaufen.

Kampot ist eine kleine Stadt am Ufer eines Flusses, fast am Meer. Ein ziemlich verschlafenes Nest mit einer schönen Uferpromenade mit französischen Kolonialbauten (auf die ich ja total stehe), die teilweise hübsch verfallen sind. Der eigentliche Grund meines Besuchs war aber der berühmte Kampot Peffer – angeblich der beste Pfeffer der Welt. Pfeffer ist ja mit Abstand mein Lieblingsgewürz, eine Zeitlang habe ich ja auch verschiedene Pfeffersorten gesammelt. In Kampot habe ich einen freundlichen Mopedfahrer gebucht, der mich auf eine Pfefferplantage gefahren hat. Ich konnte frischen Pfeffer direkt vom Strauch runteressen und weiß nun auch um die verschiedenen Qualitäten und Sorten. Die frischen reife roten Pfefferbeeren übertreffen geschmacklich alles, was ich an Pfefferartigem je probiert habe. Erst schmeckt er ganz süß, dann blumenartig (fast wie Jasminblüten), dann pfeffrig scharf. Natürlich habe ich mir auch gleich einen kleinen Vorrat von bestem weißem Kampot Pfeffer zugelegt und mir nebenbei die Hosentaschen mit frischen Pfefferbeeren voll gestopft. Ich hätte ja am liebsten meine komplette Reisekasse in Pfeffer investiert, aber wer soll das alles schleppen?

Lecker frischer Kampot Pfeffer

Lecker frischer Kampot Pfeffer

Dann habe ich meinen netten Moped-Chauffeur gebeten, mir sein Dorf zu zeigen, was er auch gerne getan hat. Seine Eltern ernten Palmzucker, wobei ich seinen Vater auch vor Ort beobachten konnte. Das bringt im Schnitt drei Dollar pro Tag. Der Palmblütensaft wird eingekocht bis eine feste Masse entsteht, die spitze schmeckt. (Das wäre bestimmt ein Importschlager bei uns, er schmeckt wie Ahornsyrup und Caramel, sehr lecker.) Während der Regenzeit gibt es monatelang weder was zu tun noch was gescheites zu essen. Nur Reis mit Salz. Die Leute sitzen mit ihren Hühnern im Obergeschoss ihrer Hütten und warten, bis es wieder trocken ist. Da muss man sich innerhalb der Familie schon arg gut verstehen …

Am nächsten Tag bin ich weiter gefahren nach Sihanoukville, einem ziemlich touristischen Badeort am Meer. Wenn es nicht ständig regnen würde, wäre es sicher absolut traumhaft hier. So sitze ich seit gestern fast ausschließlich unter schützenden Schirmen am schmalen, weißen Sandstrand und vertreibe mir die Zeit mit Lesen und Schreiben. Aus der geplanten Inseltour wurde wettertechnisch leider nichts. Stattdessen musste ich mich damit begnügen, mir den Bauch mit Muscheln, Tintenfischen, Garnelen und Barracudas voll zu schlagen. Auch nicht so schlecht.

Morgen reise ich wieder ab, zurück nach Phnom Penh, wo mein Pass gerade das Vietnam Visum eingeklebt bekommt. Dann geht’s direkt weiter nach Saigon. Wieder schön lang Bus fahren!



Sonnenfinsternis über Angkor

18 01 2010

Ich bin jetzt seit fünf Tagen in Kambodscha.

Die Busfahrt von Südlaos nach Siem Reap dauerte 16 Stunden, war aber ganz angenehm und entspannt. Für meinen Geschmack sogar etwas zu entspannt – alle paar Stunden wurde aus unerfindlichen Gründen irgendwo angehalten und auf irgendwen oder irgendwas gewartet. Das ließ nicht nur meinen Blutdruck steigen, sondern auch den anderer deutscher Reisenden, was wiederum schon wieder lustig war, da wirklich jedes Klischee bestätigt und genährt wurde. Da standen wir Deutschen schnaubend und klagend beieinander und rätselten erbost über den Grund der Warterei, der aber im Dunkeln blieb.

Auf einem der Zwischenstopps wurden diverse Snacks angeboten, unter anderem frittierte Insekten (kannte ich ja schon aus Thailand) und auch frittierte schwarze Vogelspinnen. Das hatte ich so noch nie gesehen. Als auch noch ein Junge auftauchte, der eine lebendige Spinne wie einen Hamster mit sich rumtrug und den Gästen zeigte, schlug meine Spinnenphobie voll durch. Sobald sich mir jemand von hinten näherte, schoss ich von meinem Stuhl hoch und rettete mich mit einem Satz vor der vermeintlichen Bedrohung. Komisch, wo ich doch sonst vor keinem Krabbeltier Angst habe, ganz im Gegenteil: Käfer, Schlangen, Asseln, Mäuse, Kröten, Tausenfüssler … von denen kann ich ja nie genug kriegen. Aber Spinnen … da hört für mich der Spaß auf.

Knuspriger Snack: Frittierte Vogelspinnen

Knuspriger Snack: Frittierte Vogelspinnen

Nachts um halb eins kamen wir in Siem Reap an, ich fand auch gleich ein Super Hotelzimmer (mit Badewanne, TV, King Size Bed, Holzfußboden, kostenlosem Internet für 4 EUR. Wahnsinn.). Die nächsten drei Tage verbrachte ich fast komplett in der Attraktion, auf die ich mich am meisten gefreut hatte: ANGKOR.

Da hatte ich mich ja schon vorher fleißig eingelesen. Die größte Stadt des Altertums, mit fast 1000 qm größer als das heutige New York, mit hunderten von Heiligtümern und einem ausgeklügelten Hdrauliksystem mit gigantischen Wasserreservoirs und Kanälen. Fast 600 Jahre lang entwickelte sich das Reich, dann wurde es von den Siamesen platt gemacht und dem Dschungel überlassen. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Angkor von den Franzosen wieder entdeckt und ab da ging der Hype los, der heute wohl seinen Höhepunkt erreicht hat. Die Touristen wimmeln durch die Tempel wie die Ameisen – und ich mit.

Als erstes war Angkor Wat dran. Der größte und am besten erhaltene Tempel. Da standen mir buchstäblich vor Ehrfucht die Haare zu Berg, als ich über den Dammweg über den 200 m breiten Wassergraben auf den Tempel zuging. Leider verlor der spektakuläre Anblick viel von seiner Magie, da der gesamte Mittelteil von einer grünen Plastikfolie verhüllt war, zwecks Restaurationsarbeiten. Das war aber schnell verziehen, als ich die Flachreliefs in der Galerie an der äußeren Einfassungsmauer sah. Da wird einem ganz schwindelig, so detailliert und dreidimensional sieht das aus – auf 700 m Länge und bis in 3 m Höhe passiert so viel, das ist fast wie fernsehen. Das war für mich das Highlight, die Reliefs waren so fabelhaft, dass ich ihretwegen dreimal nach Angkor Wat kam und immer wieder im Quadrat um den Tempel herum lief. Unbeschreiblich.

Die Reliefs von Angkor Wat - großartig!

Die Reliefs von Angkor Wat - phänomenal!

Auch der Rest des Tempels ist natürlich großartig, aber innen waren so viele Leute, dass ich da nicht lange geblieben bin.

Ein Fall von Mimikrie

Gut getarnt in Angkor Wat

Das zweite Highlight war für mich der Dschungeltempel Ta Prohm. Ich habe mich extra schon morgens um 6 Uhr hinfahren lassen, weil ich die erste und einzige sein wollte, die morgens zwischen den Ruinen rumschleicht. Tatsächlich war ich auch ne Weile ganz allein dort, die Dschungelvögel tobten in den Bäumen, und ich konnte den Tempel ganz für mich alleine erkunden. Wenn man sich die ganzen Geländer, Absperrungen, Drähte, Schilder, Kräne und Folien weg denkt, kann man sich vorstellen, wie die ersten Forscher den Tempel im Dschungel vor über 100 Jahren vorfanden. Der Tempel ist ziemlich ramponiert und wird von riesigen Kapokbäumen überwuchert, die sich auf den Mauern festklammern und die mächtigen Steinblöcke auseinander wuchten. Teilweise kann man unter den meterdicken Wurzeln in die verfallenen Galerien reinklettern. Sehr magisch und bezaubernd. Im Disney Film „Das Dschungelbuch“ kommt der Tempel ja auch vor, da tanzt der Affenkönig Louie zum Song „Ich wäre gern wie Du-uh-uh““ durch die Ruine. Genauso sieht es auch in Wirklichkeit aus, nur dass es keinen Mowgli gibt.

Die Bäume fließen über die Ruinen

Die Bäume fließen über die Ruinen

Insgesamt schaute ich mir in den drei Tagen ca. 15 Tempel und natürlich die Stadt Angkor Thom an. Und als wäre das alles noch nicht genug gewesen, gab es am dritten Tag dann noch ein besonderes Highlight, mit dem ich gar nicht gerechnet hätte. Mein Tuktuk Fahrer machte mich darauf aufmerksam, indem er zum Himmel zeigte. Da war doch nicht tatsächlich eine Sonnenfinsternis in Gang! Zwar nur eine partielle, aber immerhin war die Sonne gut zur Hälfte verdeckt, es wurde auch etwas düster und unheimlich… Das war das Sahnehäubchen bei meinem Angkor Besuch. Wahnsinn.

Um das Siem Reap Besichtigungsprogramm abzurunden, und damit es nicht allzu nett wurde, besuchte ich zum Abschluss noch das Landminen Museum. Es wurde von einem ehemaligen Kindersoldaten gegründet, der als vietnamesischer Zwangsrekrut selbst Tausende von Minen gelegt hat und heute als autodidaktischer Minenräumer arbeitet und sich um Minenopfer kümmert. Sehr bedrückend, das Thema. Heute liegen ja immer noch Millionen von Minen in Kambodscha, vor allem Richtung Grenze zu Thailand. Man sieht auch ständig Menschen auf den Straßen, die von Minen verstümmelt wurden. Schrecklich. Um mein Gewissen zu beruhigen habe ich fleißig gespendet.

Vorsicht, nicht drauftreten! So harmlos sieht eine Mine aus, wie eine alte Coladose.

Vorsicht, nicht drauftreten! So harmlos sieht eine Mine aus, wie eine alte Coladose.

Nach den drei Tagen in Siem Reap reiste ich per Boot auf dem Tonle Sap nach Phnom Penh, der Hauptstadt von Kambodscha. Da bin ich jetzt seit gestern und habe auch schon einiges gesehen, vorallem was die jüngere Geschichte des Landes betrifft. Das muss ich aber erst noch verdauen. Im nächsten Bericht dann mehr dazu.



Vang Vieng, Vientiane, Don Det

11 01 2010

Inzwischen habe ich Laos von Norden nach Süden durchquert.

Von Luang Prabang bin ich per Bus eine der schlimmsten Serpentinenstraßen meines Lebens durch die Berge nach Vang Vieng gefahren, der Aktivsport- und Party-Hochburg von Laos. Mein erster Eindruck war: Nichts wie weg hier. Die Landschaft mit dem schönen Fluss und dem Gebirge dahinter war zwar spitze, aber im Ort waren nur 20-jährige Spaß- und Sauftouristen auf den Straßen unterwegs, Vang Vieng selbst ist einfach nur eine Aneinanderreihung von Gästehäusern, Kneipen und Bars. Ich war zwar vorgewarnt, aber irgendwie hatte ich da so gar keine Lust drauf. Nachdem ich mir eine passable Unterkunft gesucht hatte, schlappte ich rüber auf die Partyinsel im Fluss, wo ich mich in eine der Hängematten legte und den Leuten zuschaute, die auf dem Fluss Tubing betrieben, d.h. sich in großen LKW Reifenschläuchen saufend den Fluss runter treiben ließen. Da lag ich nun … und nach einem Beerlao gefiel mir die Bar plötzlich total gut. Es wurden Lagerfeuer angezündet und gute Musik aufgelegt, der Sonnenuntergang über den schroffen, steilen Karstbergen auf der anderen Flussseite war grandios. In der Hängematte neben mir lag eine ebenfalls allein reisende Finnin namens Elina, wir kamen gleich ins Gespräch und zogen die nächsten drei Tage zusammen um die Hütten. Und plötzlich war ich selbst ein bisschen Teil des Partygeschehens und fühlte mich wie Anfang Zwanzig. Und so benahm ich mich auch.

Nach der Party ist vor der Party

Nach der Party ist vor der Party

Tagsüber beschäftigte ich mich mit Kajak- und Höhlentouren, und am Tag darauf machte ich mit Elina eine Radtour zur sogenannten Blauen Lagune, die aber leider eher ein grüner Tümpel war. Es gab auch eine Höhle zu besichtigen, zu der wir unaufgefordert von einem 6-jährigen selbsternannten Guide geführt wurden. Er hat sich auch echt bewährt, denn er hatte nicht nur eine starke Taschenlampe in seinem Täschle, sondern warnte uns rechtzeitig vor einer im Nichts verschwindenden Klippe im Dunkeln. Da ist mir echt mal kurz ganz anders geworden, als ich den Knirps mit Badelatschen auf den rutschigen, schmierigen Felsen am Abgrund habe langklettern sehen. Schwupps isses passiert. Denkt man als Deutscher. Aber irgendwie passiert denen nichts… Oder man kriegt es halt nicht mit.

Gut, wenn man einen Laoten hat, der hinten mitpaddelt und Fotos macht

Gut, wenn man einen Laoten hat, der hinten mitpaddelt und Fotos macht

Auf dem beschwerlichen Rückweg über eine Geröllpiste names Main Road, verspürte Elina Appetit auf einen Snack und kaufte sich bei einer Frau am Straßenrand ein lecker aussehendes Fleischspießchen. Auf die vorsichtige Frage, was das für Fleisch sei, zeigte die Verkäuferin auf eine anbei stehende Kuh. Alles klar. Das Fleisch schmeckte zwar offenbar ganz gut, ließ sich aber partout nicht kauen. Nach 10 Minuten heftigen Beißens, verabschiedeten wir uns, und eine Ecke weiter flog der Spieß in den Straßengraben. Abends erzählten wir einem Bekannten von dem kulinarischen Fehlgriff – und er belehrte uns, dass die absolute Unzerkaubarkeit eindeutig auf Hundefleisch schließen ließ. Da war ich mal wieder froh, Vegetarierin zu sein.

Die Laoten essen ja übrigens alles. Auf meine Frage hin, warum es in den Höhlen denn gar keine Fledermäuse gäbe, antwortete mir ein Laote: Weil wir schlau sind und an den Ausfluglöchern Fischernetze aufspannen, so können wir alle Fledermäuse fangen – we like to eat!

Unser Vorhaben, am dritten Tag auch mal Tuben zu gehen, fiel leider wegen heftigster Regenfälle ins Wasser. Schade. Vom Kajak aus sah das wie ein netter Zeitvertreib aus. Die Fahrt auf dem Reifen scheint zwar extrem unspektakulär, da sich die Teilnehmer kaum von der Stelle bewegen. Eigentlicher Sinn und Zweck ist das Einkehren in diversen Kneipen entlang des Flusses, wo auch spektakuläre Seilbahnen und Wasserrutschen benutzt werden können.

Besonders erwähnenswert finde ich die offen zur Schau gestellten Angebote von Drogen auf Speise- bzw. Getränkekarten. Ein bisschen wie in Holland, nur dass es neben Marihuana auch Magic Mushrooms und Opium in verschiedenen Darreichungsformen gibt – bis hin zum Pilz-Knoblauchbrot. Wie ich gehört habe, hat sich schon so mancher Gast ein lecker klingendes Gericht oder Getränk mit phantasievollem Namen bestellt und unwillentlich auf eine psychedelische Reise geschickt. Ich jedenfalls habe keinerlei Experimente gewagt.

Nach drei Tagen „Sport“ und Party bin ich per Bus weiter gefahren nach Vientiane, der Hauptstadt von Laos. Im Loose steht „die entspannteste Hauptstadt Asiens“, und ich glaube, das stimmt. So entspannt und gemütlich, dass es nach Luang Prabang fast schon langweilig ist. Ich bin einmal kreuz und quer durch die Hauptstraßen, die Märkte, die wichtigsten Tempel und zum Triumphbogen gestiefelt, war beim Friseur (ohje!), dann bin ich abgereist nach Südlaos.

Nicht nur Paris hat einen Triumphbogen

Nicht nur Paris hat einen Triumphbogen

Ich hatte mir ein Ticket für einen Sleeper-Bus gekauft, da die Reise 15 Stunden über Nacht gehen sollte. Ich war ganz erstaunt, als ich sah, dass da tatsächlich echte Doppelbetten in dem Bus waren, die sogar ganz gemütlich aussahen. Zu meinem Entsetzen musste ich aber feststellen, dass die ca. 90 cm breiten Betten nicht etwa für einen, sondern für jeweils zwei Fahrgäste gedacht waren – und zwar Männer und Frauen bunt gemischt. Man musste also mit seinem evtl. völlig unbekannten Nachbarn auf Tuchfühlung in Löffelchenstellung 15 Stunden ausharren. Der Bus wurde voller und voller, mir standen schon die Schweißperlen auf der Stirn … und dann das Wunder: Ich hatte als einziger Fahrgast das Bett für mich allein!! Hab ich gut geschlafen, während sich der arme 2-Meter Mann neben mir sein Bettchen mit einem dicken Asiaten teilen musste. Da störte es mich nichtmal mehr, dass 30 cm neben meinem Ohr ein Lautsprecher asiatische Popmusik im maximaler Lautstärke rausplärrte.

90 cm Bett für zwei einander unbekannte Fahrgäste. Mann und Frau gemischt.

90 cm Bett für zwei einander unbekannte Fahrgäste. Mann und Frau gemischt.

Nach einem kurzen Aufenthalt in Pakse ging’s weiter per Minivan und Boot bis nach Si Phan Don, den 4.000 Inseln im Mekong, nahe der Grenze zu Kambodscha. Der Mekong verzweigt sich hier hundertfach, und überall sind Inseln, von ganz klein bis ziemlich groß. Der Fluss hat hier schon gewaltige Dimensionen, er wirkt eher wie ein großer See. Das ist der Ersatz für die nicht vorhandene Küste. Und kann voll mithalten mit jedem Strand am Meer, jedenfalls für meinen Geschmack. Ich habe einen kleinen Holzbungalow auf der Insel Don Det, mit Balkon und Hängematte, direkt am Wasser mit Blick auf den fabelhaften Sonnenuntergang. Zwar habe ich nur Gemeinschaftsbad, aber was soll’s. Der Ort selbst ist sehr rudimentär, es gibt keine Straßen, nur Staubwege, und einige kleine nette Restaurants und Kneipen entlang des Ufers. Sehr überschaubar, und sehr Backpacker-mäßig. Es gibt auch einen schönen Sandstrand am Mekong, nur 2 Minuten von meiner Hütte entfernt. Da war ich auch schon im Mekong schwimmen, der hier ganz grün und sauber aussieht. Echt ein schönes Fleckchen.

Man kann's aushalten.

Man kann's aushalten.

Heute habe ich mit einer Engländerin, einer Norwegerin und zwei Französinnen eine Tour zum Khon Papheng Wasserfall gemacht, dem „Niagara des Ostens“, dem größten Wasserfall in Südostasien. Der Mekong stürzt auf mehreren hundert Metern Breite ca. 20 m in die Tiefe. Sehr gewaltiges Spektakel, und im Gegensatz zu den echten Niagarafällen völlig frei von Touristen. Es gab nichtmal was zu essen in der Bude an der Aussichtsplattform.

Die Niagarafälle des Ostens

Die Niagarafälle des Ostens

Danach haben wir uns an eine Stelle im Mekong schippern lassen, wo man einige der letzten Irrawaddy Delphine beobachten kann. Und wir hatten tatsächlich Glück! Ungefähr eine Stunde lang trieb sich eine Gruppe von sechs Delphinen um unser Boot herum. Sie tauchten alle paar Minuten schnaubend auf, man sah kurz ihre Rücken auftauchen, dann waren sie wieder weg. Spitze!

Den Nachmittag verbrachte ich mit den Mädels in einem Restaurant und am Strand, nachher treffen wir uns wieder zum Abendessen und auf einige Drinks. Hier könnte ich es aushalten. Aber übermorgen stehen mir wieder 14 Stunden Busfahrt bevor – rein nach Kambodscha.