Sonnenfinsternis über Angkor

18 01 2010

Ich bin jetzt seit fünf Tagen in Kambodscha.

Die Busfahrt von Südlaos nach Siem Reap dauerte 16 Stunden, war aber ganz angenehm und entspannt. Für meinen Geschmack sogar etwas zu entspannt – alle paar Stunden wurde aus unerfindlichen Gründen irgendwo angehalten und auf irgendwen oder irgendwas gewartet. Das ließ nicht nur meinen Blutdruck steigen, sondern auch den anderer deutscher Reisenden, was wiederum schon wieder lustig war, da wirklich jedes Klischee bestätigt und genährt wurde. Da standen wir Deutschen schnaubend und klagend beieinander und rätselten erbost über den Grund der Warterei, der aber im Dunkeln blieb.

Auf einem der Zwischenstopps wurden diverse Snacks angeboten, unter anderem frittierte Insekten (kannte ich ja schon aus Thailand) und auch frittierte schwarze Vogelspinnen. Das hatte ich so noch nie gesehen. Als auch noch ein Junge auftauchte, der eine lebendige Spinne wie einen Hamster mit sich rumtrug und den Gästen zeigte, schlug meine Spinnenphobie voll durch. Sobald sich mir jemand von hinten näherte, schoss ich von meinem Stuhl hoch und rettete mich mit einem Satz vor der vermeintlichen Bedrohung. Komisch, wo ich doch sonst vor keinem Krabbeltier Angst habe, ganz im Gegenteil: Käfer, Schlangen, Asseln, Mäuse, Kröten, Tausenfüssler … von denen kann ich ja nie genug kriegen. Aber Spinnen … da hört für mich der Spaß auf.

Knuspriger Snack: Frittierte Vogelspinnen

Knuspriger Snack: Frittierte Vogelspinnen

Nachts um halb eins kamen wir in Siem Reap an, ich fand auch gleich ein Super Hotelzimmer (mit Badewanne, TV, King Size Bed, Holzfußboden, kostenlosem Internet für 4 EUR. Wahnsinn.). Die nächsten drei Tage verbrachte ich fast komplett in der Attraktion, auf die ich mich am meisten gefreut hatte: ANGKOR.

Da hatte ich mich ja schon vorher fleißig eingelesen. Die größte Stadt des Altertums, mit fast 1000 qm größer als das heutige New York, mit hunderten von Heiligtümern und einem ausgeklügelten Hdrauliksystem mit gigantischen Wasserreservoirs und Kanälen. Fast 600 Jahre lang entwickelte sich das Reich, dann wurde es von den Siamesen platt gemacht und dem Dschungel überlassen. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Angkor von den Franzosen wieder entdeckt und ab da ging der Hype los, der heute wohl seinen Höhepunkt erreicht hat. Die Touristen wimmeln durch die Tempel wie die Ameisen – und ich mit.

Als erstes war Angkor Wat dran. Der größte und am besten erhaltene Tempel. Da standen mir buchstäblich vor Ehrfucht die Haare zu Berg, als ich über den Dammweg über den 200 m breiten Wassergraben auf den Tempel zuging. Leider verlor der spektakuläre Anblick viel von seiner Magie, da der gesamte Mittelteil von einer grünen Plastikfolie verhüllt war, zwecks Restaurationsarbeiten. Das war aber schnell verziehen, als ich die Flachreliefs in der Galerie an der äußeren Einfassungsmauer sah. Da wird einem ganz schwindelig, so detailliert und dreidimensional sieht das aus – auf 700 m Länge und bis in 3 m Höhe passiert so viel, das ist fast wie fernsehen. Das war für mich das Highlight, die Reliefs waren so fabelhaft, dass ich ihretwegen dreimal nach Angkor Wat kam und immer wieder im Quadrat um den Tempel herum lief. Unbeschreiblich.

Die Reliefs von Angkor Wat - großartig!

Die Reliefs von Angkor Wat - phänomenal!

Auch der Rest des Tempels ist natürlich großartig, aber innen waren so viele Leute, dass ich da nicht lange geblieben bin.

Ein Fall von Mimikrie

Gut getarnt in Angkor Wat

Das zweite Highlight war für mich der Dschungeltempel Ta Prohm. Ich habe mich extra schon morgens um 6 Uhr hinfahren lassen, weil ich die erste und einzige sein wollte, die morgens zwischen den Ruinen rumschleicht. Tatsächlich war ich auch ne Weile ganz allein dort, die Dschungelvögel tobten in den Bäumen, und ich konnte den Tempel ganz für mich alleine erkunden. Wenn man sich die ganzen Geländer, Absperrungen, Drähte, Schilder, Kräne und Folien weg denkt, kann man sich vorstellen, wie die ersten Forscher den Tempel im Dschungel vor über 100 Jahren vorfanden. Der Tempel ist ziemlich ramponiert und wird von riesigen Kapokbäumen überwuchert, die sich auf den Mauern festklammern und die mächtigen Steinblöcke auseinander wuchten. Teilweise kann man unter den meterdicken Wurzeln in die verfallenen Galerien reinklettern. Sehr magisch und bezaubernd. Im Disney Film „Das Dschungelbuch“ kommt der Tempel ja auch vor, da tanzt der Affenkönig Louie zum Song „Ich wäre gern wie Du-uh-uh““ durch die Ruine. Genauso sieht es auch in Wirklichkeit aus, nur dass es keinen Mowgli gibt.

Die Bäume fließen über die Ruinen

Die Bäume fließen über die Ruinen

Insgesamt schaute ich mir in den drei Tagen ca. 15 Tempel und natürlich die Stadt Angkor Thom an. Und als wäre das alles noch nicht genug gewesen, gab es am dritten Tag dann noch ein besonderes Highlight, mit dem ich gar nicht gerechnet hätte. Mein Tuktuk Fahrer machte mich darauf aufmerksam, indem er zum Himmel zeigte. Da war doch nicht tatsächlich eine Sonnenfinsternis in Gang! Zwar nur eine partielle, aber immerhin war die Sonne gut zur Hälfte verdeckt, es wurde auch etwas düster und unheimlich… Das war das Sahnehäubchen bei meinem Angkor Besuch. Wahnsinn.

Um das Siem Reap Besichtigungsprogramm abzurunden, und damit es nicht allzu nett wurde, besuchte ich zum Abschluss noch das Landminen Museum. Es wurde von einem ehemaligen Kindersoldaten gegründet, der als vietnamesischer Zwangsrekrut selbst Tausende von Minen gelegt hat und heute als autodidaktischer Minenräumer arbeitet und sich um Minenopfer kümmert. Sehr bedrückend, das Thema. Heute liegen ja immer noch Millionen von Minen in Kambodscha, vor allem Richtung Grenze zu Thailand. Man sieht auch ständig Menschen auf den Straßen, die von Minen verstümmelt wurden. Schrecklich. Um mein Gewissen zu beruhigen habe ich fleißig gespendet.

Vorsicht, nicht drauftreten! So harmlos sieht eine Mine aus, wie eine alte Coladose.

Vorsicht, nicht drauftreten! So harmlos sieht eine Mine aus, wie eine alte Coladose.

Nach den drei Tagen in Siem Reap reiste ich per Boot auf dem Tonle Sap nach Phnom Penh, der Hauptstadt von Kambodscha. Da bin ich jetzt seit gestern und habe auch schon einiges gesehen, vorallem was die jüngere Geschichte des Landes betrifft. Das muss ich aber erst noch verdauen. Im nächsten Bericht dann mehr dazu.