Bizarre Erlebnisse im Hochland
30 01 2010Nach Saigon hatte ich die Wahl: Ans Meer oder in die Berge? Habe mich für letzteres entschieden, ein Busticket nach Da Lat gekauft und bin mal wieder einen kompletten Tag von morgens bis abends im Bus gesessen.
Da Lat ist in den Augen der Vietnamesen die schönste Stadt des Landes. Sie wurde von den Franzosen vor 100 Jahren als Luftkurort gegründet, ein Eiffelturm und viele Blumenbeete beschwören Pariser Flair herauf (zumindest für die asiatischen Touristen). Die Stadt ist echt ganz nett, total verwinkelt und mit vielen steilen Straßen und Gassen.

Pariser Flair in Da Lat - inklusive Eiffelturm
Habe im „Pink House“ eingecheckt, und wurde auch gleich vom Besitzer herzlichst empfangen und zu einem Karaoke Abend in einer Bar mitgenommen. Habe ich das auch endlich mal live miterlebt, wie die Asiaten auf Karaoke abfahren. Es waren zwar nicht so viele Gäste da, aber die wenigen haben dafür umso ausgelassener gesungen, und das gar nicht mal so schlecht. Mein Hotelwirt hat fast am besten gesungen, für einen Vietnamesen hatte er auch eine ungewöhnlich sonore Stimme. Zum Glück hatte die Bar nur asiatisches Liedgut im Repertoire, so konnte ich mich elegant aus der Affäre ziehen. Tanzen musste ich dann aber doch, wobei ich den Paartanz aufgrund der doch arg unterschiedlichen Körpergröße zu den potentiellen Tanzpartnern ablehnen konnte (ich war einen Kopf größer als alle).

Karaoke live (im Hintergrund: der nächtlich illuminierte Eiffelturm)
Am nächsten Tag hatte ich eine Moped-Tour durch die Gegend gebucht. Da mein Wirt leider total verkatert war vom Abend zuvor (er hatte noch munter weiter gefeiert), sprang sein Cousin ein. Ich war seine Beifahrerin auf seinem Moped, ein deutsches Pärchen fuhr selbst (Respekt!). Endlich eine Tour abseits der ausgelatschten Touristen-Pfade. Das krasse Gegenteil zur Mekong-Delta-Tour. Wir fuhren fast 160 km durch die bergige Landschaft, es sah fast aus wie im Nordschwarzwald, allerdings mit Pinienwäldern und blühenden Kaffeeplantagen. Dass Kaffee so gut riecht hatte ich gar nicht geahnt, fasst wie Jasmin, nur nicht ganz so süßlich. Und hübsch aussehen tut’s auch.
Wir besichtigten eine Gerbera-Blumenfarm, eine Seidenfarm (wo man dabei zusehen konnte, wie die Seidenraupen aus ihrem wolligen Kokon ausgewickelt wurden und nackt zurück blieben), eine Elefantenohr-Pilz-Farm, eine Pagode und einen besonders tollen Wasserfall. Bei dem konnte man durch eine Höhle auch hinter das herab stürzende Wasser gelangen – da war so ein Sturm, dass man kaum schnaufen konnte. Besonders spektakulär fand ich den Besuch einer Insekten Farm. Da werden Grillen und Skorpione für den menschlichen Verzehr gezüchtet, ein Riesengewimmel in Dutzenden von großen Plastikbottichen.

Kleiner Snack für unterwegs
Außerdem werden Fliegen und Maden im großen Stil gezüchtet, als Hühnerfutter. Das war ganz besonders abscheulich, vor allem wegen des Gestanks des verdorbenem Fleischs, in dem die Maden rumwimmeln. Nach der Farmbesichtigung wurden gebratene Grillen zur Verkostung angeboten, diesmal aber nicht kross durchfrittiert, sondern innen noch schön saftig. Also gut, ich war ja auf der Suche nach kulinarischen Experimenten – rein mit der Grille. Geschmacklich nicht so übel, ein bisschen nussig, ein bisschen modrig. Naja. Hat nicht das Potential zu meiner neuen Leibspeise.

Grille essen
Dann ging’s auf einen Markt in einem kleinen Ort. Endlich mal mit einheimischem Führer, so dass man alles fragen konnte und alles erklärt bekam. Da habe ich auch erfahren müssen, dass die eklige rote schleimige Frucht, die ich in Saigon auf dem Markt angeboten bekommen hatte, gar nicht zum Verzehr gedacht ist sondern zum Färben von Kleidern. Die Marktfrauen können schon gehässig sein. Mein Tourguide fand’s jedenfalls sehr lustig, dass ich die eklige Frucht gegessen hatte. Er kaufte für uns Touristen eine große Wundertüte voller exotischer Früchte, die ich fast alle noch nie gesehen geschweige denn probiert hatte. Da waren schon einige dabei, die in Deutschland ein Importschlager werden könnten. Meine Lieblingsfrucht war klein, rot, hatte einen gestreiften Kern und saftiges, saures Fruchtfleisch, das nach Stachelbeeren schmeckte. Leider wusste der Guide nur den vietnamesischen Namen, und den habe ich vergessen.
Auf dem Markt habe ich dann neben allerlei hässlichen Tierteilen wie z.B. glotzende Augäpfel und abgezogene Rindernasen auch zum ersten Mal mit eigenen Augen Hundefleisch gesehen. Da lag ein Viertel Hund auf dem Schlachtblock, mit Pfote dran. Grauenhaft. Unser Tourguide outete sich als großer Hundeliebhaber im kulinarischen Sinn. Noch besser sei allerdings Katze, aber leider auch schwerer zu bekommen und viel teurer. Dafür wurde er von uns Deutschen kräftig ausgeschimpft, was ihn sehr amüsiert hat.

Hund
Später während der Fahrt stieß er mal einen kleinen Schrei aus, weil er auf der Straße einen Riesengecko gesehen hatte. Er war kurz davor, anzuhalten und umzudrehen. Ich dachte, er wollte uns das seltene Tier aus der Nähe zeigen und was zoologisches dazu erzählen. Von wegen: Er wollte es einsacken und mit nach Hause nehmen für den Kochtopf. Ich überredete ihn dringlich zur Weiterfahrt, was er zum Glück auch tat.
Nach dem Markt stand ein Besuch bei einer „ethnischen Minderheit“ an (das heißt wirklich so). Es gibt über 50 solcher Minderheiten, fast alle irgendwo in den Bergen, und jede hat ihre ganz eigene Sprache. Wir besuchten zwei Familien, die uns ihrer Spinn- und Webkünste vorführten. Außerdem war es interessant zu erfahren, dass Frauen für einen Ehemann ordentlich zur Kasse gebeten werden, wenn sie heiraten wollen. Eine Frau kann auch mehrere Männer haben (wenn sie das nötige Kleingeld bzw. Vieh besitzt), oder sich mit ihren Schwestern gemeinsam einen Mann teilen (wenn man sparen muss). Wenn der Mann sich scheiden lassen will, muss er das doppelte seines Einkaufspreises an die Frau zahlen. Das finde ich mal ein gutes System.
Die Frau, die wir besuchten, hatte drei Kinder, aber keinen Mann. Für den hatte die Kohle nicht gereicht. Sie erzählte unter anderem von den Schrecken der Geburt ihres zweiten Kindes im staatlichen Krankenhaus, wo sie in einem Bett hatte liegen müssen und von lauter Ärzten und Schwestern gepiesakt wurde. Ihr drittes Kind gebahr sie dann doch lieber wieder in ihrer Hütte, auf dem Boden hockend und sich am Wandbalken festklammernd. Das sei doch deutlich angenehmer gewesen.
Nach dem Mittagessen bei seinem Onkel erklärte unser Tourguide dann noch die Tücken und Fallstricke der vietnamesischen Sprache. Die sieht ja geschrieben eigentlich ganz simpel aus, es scheint relativ wenige kurze Wörter zu geben, die sich durch irgendwelche Akzente in alle Himmelsrichtungen unterscheiden. Wir wurden allerdings belehrt, dass die Art der Betonung den Sinn der Wörter ausmachen – und da kann man als Ausländer schnell mal daneben greifen. Die Unterschiede der Betonung einiger Beispielwörter waren für mich einfach nicht hörbar, das klang für mich alles ziemlich gleich. Winzige, unhörbare Abweichungen können aber aus „Kein Problem“ schnell ein „Du hast keinen Schwanz“ machen, oder aus „Bitte eine Papaya“ schnell man ein „Willst Du pimpern?“. Ich habe mich entschieden, immer alles auf englisch zu sagen.

Touristen sollen sich benehmen
Heute habe ich mich dann allein auf den Weg gemacht, die Stadt Da Lat zu erkunden. Ich bin zuerst auf dem Markt gewesen. Ich kann von Märkten nicht genug bekommen, aber das sagte ich ja schon. Es gibt immer so viel zu gucken und es sieht so bunt und chaotisch aus.
Dann bin ich zum „Crazy House“ gelaufen, einem architektonischen Wunderwerk, das von der Tochter des ehemaligen Präsidenten geplant und gebaut wurde. Das Gebäude fungiert als bizarres Gästehaus und besteht nur aus organischen, gewachsenen Formen. Ein bisschen in Anlehnung an Gaudi, aber noch wilder. Ich fand’s total toll, hätte auch gerne so ein Haus.

Crazy House
Nachdem ich einmal kreuz und quer durch die Stadt gestiefelt war, und enttäuscht feststellen musste, dass der pittoreske See im Zentrum der Stadt kein Wasser enthielt und daher ein übelriechender Schlammpfuhl war, entschloss ich mich, am nächsten Tag weiter zu reisen: durch die Berge auf dem Ho Chi Minh Pfad nach Hoi An.
Hallo Marion,
da bin ich ja nochmal froh, dass zu uns in Zukunft nicht irgendwelche Insekten zum Mittag vorknusperst. Was hat es mit den Elefantenohrpilzen auf sich? Werden die beim Elefanten im/am Ohr gezüchtet? War jedenfalls mein erster Gedanke in Erinnerung an dein böses Bein. http://static.twoday.net/sravana/images/Elefantenohr.jpg
Deine Berichte werden echt immer abenteuerlicher. Bin schon richtig neidisch.
Pass auf dich auf und steig nicht mit jedem Kerl auf`s Moped.
Maria
Hallo,
viel Spaß in Hoi An! Fanden wir damals super gemütlich und konnten uns gar nicht zur Weiterreise motivieren.
Wir haben uns ziemlich viele Klamotten dort schneidern lassen – was allerdings als Rucksack Tourist nicht wirklich praktisch war;-) Aber wir waren leider eh fast am Ende unserer Reise, so dass sich die Schlepperei in Grenzen hielt. Habe jedenfalls bisher noch keine maßgeschneiderte Kleidung irgendwo in Asien gekauft, die qualitativ so hochwertig war wie die in Hoi An.
Und die vielen Kneipen und Cafés… Hoffe, es ist immer noch recht ursprünglich!
Viele Spaß und jede Menge tolle Eindrücke weiterhin in Vietnam,
winterliche Grüße aus dem verschneiten Badnerland
JS
Hi Marion,
ach wenn ich das so lesen kommt bei mir doch Vorfreude auf die Neueröffnung meines Lieblingschinesen auf. Der bietet dann nämlich auch vietnamesisches Essen an. Ich bin aber guter Hoffnung dass die Speisekarte ohne Geckos, Grillen, Hunde und Katzen auskommt 🙂
Ansonsten ist heute Montag und die Arbeitswoche hat angefangen. Nicht sehr schön. Seit Freitag hab ich wenigstens ein ruhiges Plätzchen direkt an der Fensterfront. Die Morgensonne bringt soviel Wärme rein, dass ich wahrscheinlich gleich im T-Shirt dasitze! Ansonsten ist es hier immernoch sehr winterlich. Seit gut 5 Wochen liegt schon Schnee und noch ist kein Ende absehbar. Aber immernoch besser als Schmuddelwetter.
So, ich schaff dann mal weiter!
Grüße
Jan
Liebe Marion,
gehts Dir gut?
Waren das wirklich 160 km auf dem Moped? Wahnsinn! Da tat Dir bestimmt der Hintern weh, oder?
Elefantenohr-Pilze ist sicherlich besser als Elefanten-Fußpilze 🙂 Du isst wirklich alles, was Dir vorgesetzt wird. Sogar Färbemittel. Respekt. Hat sich die Farbe anschliessend irgendwie bemerkbar gemacht?
Mann: Hund und Katze. Wenn ich da Freya denke oder unsere 3 Gesellinnen. Ein Glück, dass wir nicht in Vietnam leben.
Hast Du im Hang Nga-Haus gewohnt?
Viel Spaß auf dem Ho Chi Minh Pfad und in Hoi An. Ist ja sicherlich als Weltkulturerbe auch sehr sehenswert. Willst Du noch weiter nach Hanoi?
Mach et juut. Halte die Ohren steif, beib gesund und pass auf Dich auf?
Uta und Klaus
Hi Marion,
würg, was du einem da manchmal für Fotos präsentierst. Unterstehe dich bloß igrendwelche Scheußlichkeiten hier rein zuschmuggeln, aber das würden die in Frankfurt am Zoll ja eh nicht durchgehen lassen. So langsam nähert sich deine Reise auch schon bald dem Ende. Hast du etwas Heimweh oder ist es da so viel toller?
Hast du eigentlich schon einmal eine dieser Gambafarms gesehen, nach deren Anblick man wohl garantiert nie wieder welche aus Südostasien isst?
Hier ist alles gut. Gerade warte ich auf die Ökohebamme, die dem Kind den Po am liebsten mit Olivenöl putzt und mich immer etwas an das potente Kindermädchen aus Omen erinnert. Oh Shit.
Dann sammle weiterhin gutes Karma und genieße die Zeit,
Deine Nette
Hallo Marion,
tolle Leistung – ich meine das Grille essen- aber bist Du nicht Vegetarierin?
Die Landschaft mit dem Eifelturm sieht wirklich europäisch aus, da könnte man nicht meinen, daß das in Vietnam aufgenommen wurde.
Vietnam würde ich auch gerne mal sehen. Meine Tante Marlene war damals total begeistert.
Ich wünsche Dir noch weiterhin eine tolle Reise und super schöne Eindrücke.
Viele liebe Grüße
Martina
Hallo Marion,
wir sind wieder inzwischen wieder in Good old Germany und trotzen Schnee und Eis.
Hätten Dich gern auf Deiner MotorradTour gegleitet – Arnold hat ja jetzt den Vietnamesichen Führerschein bestanden ;-). Wie geht es Deinem Popo?
Freuen uns weiter von Deinen Abendteuern zu lesen.
Alles Liebe und noch viel Spass
Regina und Arnold
Hallo Marion,
bin seit ein paar Tagen wieder in hier in Nürtingen (brrrrr). Die 5 Tage in Lissabon, wo schon Frühling ist (15°C), waren einfach zu kurz. Da kannst du warscheinlich nur lachen, aber 15°C fühlt sich für Deutsche momentan fast heiß an.
Sag mal, kannste mir so’nen viertel Hund mitbringen, würd ich gerne mal probieren. Wenn nicht, vielleicht gibts da ja so verpackte Nudelsuppen mit Dog-Flavour?
Dann von denen ein paar!
Viel Spaß noch und tank nochmal richtig Sonnen, bevor Du in diese unwirtliche Breiten zurückkommst.
Bis bald
Mark
Hallo Marion,
na,hast Du immer noch nicht genug von den Krabbeltierchen,ob gebraten oder lebendig? Das mit den Hunden und Katzen ist für uns schon schwer vorzustellen, aber wenn man diesen Hundefuß so liegen sieht, läuft es einem schon den Rücken herunter.
Aber die Tage in Asien sind gezählt. Hast Du noch keine Sehnsucht nach dem europäischen Lebenstiel? Aber sicher sind die Reiseerlebnisse so toll und beeindruckend, und allein das ist diese Reise wert.
Weiterhin viel Spaß und paß auf Dich auf.
Renate und Siegfried
ahoi gordon pym, nicht schlecht! insekten essen! buah! das hundebein sieht ja aber ganz lecker aus. kurzhaarige rassen schmecken wohl besonders lecker, sagt zumindest mein nachkriegsabgehärteter dad. gibt 1a gulasch oder auch zwiebelsteak. naja, muss ja aber nicht sein. solange die kühe in d-land nicht heilig sind, werde ich die kleinen wuffs nicht abziehen ;-).
ja, du siehst ja an den anderen kommentaren, dass es hier in ka nach wie vor recht frisch ist. heute hat es erneut geschneit, so 5cm und steigend. habe einen meiner schönen eisenzähne opfern müssen und „die spritze mit musik“ kennen gelernt. schrecklich eigentlich, aber ich musste trotzdem lachen. erzähl ich dir mal ausführlich wennde zurück bist. heute muss ich wieder hin und eine exzission über mich ergehen lassen. mein zahnfleisch ist brutal auf dem rückzug und bevor alle brücken und kronen einfach so abfallen, lass ich mich noch ein wenig foltern. ersatz ist beantragt, die neue lücke ist gott sei dank weiter hinten und nicht direkt einsehbar. many concerts comming! fat fuck rockt wie nie zuvor. substage und jubez stehen an. beides im märz.
hajo, du fehlst hier! schwing also deinen hübschen hintern bald in den flieger und komm gefälligst zurück!
you take care
holle