One Last Night in Bangkok

22 02 2010

Mein dreitägiger Trip in die Halong Bucht war wetterbedingt leider ein Flop. Die Bucht selbst ist wunderschön! Aber wenn man sich beim Anschauen den Arsch abfriert und das Wetter grau und trüb ist, dann hält sich die Freude in Grenzen. Das Boot war komfortabel, aber leider unbeheizt. Besonderen Lokalkolorit bekam die Fahrt während der Mahlzeiten an Bord, weil ich neben drei Vietnamesen saß, die zwar zwischenzeitlich in die USA ausgewandert und zu Geld gekommen waren, aber ihre Tischmanieren trotzdem beibehalten hatten. Das war ein Gekodder, Gerotze und Geschlürfe, dass mir fast jeder Bissen im Hals stecken blieb. Ich spülte den Frust mit reichlich heißem Tee und Dalat Wein runter. Das half.

Halong Bay. Bei sonnigem Wetter bestimmt ein Traum!

Halong Bay. Bei sonnigem Wetter bestimmt ein Traum!

Am ersten Tag wurde eine Höhle angesteuert, die ihren Namen „Surprise Cave“ zurecht trägt. Die Höhle war geräumig, voller bizarrer Stalakmiten und -titen und außerdem kunterbunt beleuchtet. Das sah toll aus! Ein echtes Highlight!

Surprise Cave

Surprise Cave

Am zweiten Tag schipperten wir auf eine Insel, wo wie uns sportlich betätigen, sprich wandern oder radfahren sollten. Ich entschied mich fürs Radeln, erhielt ein winziges Mountainbike in Vietnamesengröße und strampelte los. Nach einer halben Stunde kehrte ich wieder um, weil mir ohne Handschuhe fast die Finger abfielen.

Danach ging es nach Monkey Island, eine Privatinsel mit kleinen Bungalows und Traumstrand. Bei schönem Wetter bestimmt total super. Bei 8°C aber kein angenehmer Aufenthaltsort, zumal weder der Speiseraum noch der Bungalow beheizt war. Ich verbrachte fast den ganzen Tag im Bett unter der Decke, um mich warm zu halten. Das angekündigte Lagerfeuer fiel wetterbedingt aus (wobei ich die Logik dahinter nicht verstand), ebenso das versprochene Coconut-Wine Trinken (wurde über Tet alles weg gesoffen). Und außer einem einzigen grauen, gelangweilten Tier gab es auch keine Affen zu sehen. Enttäuschend.

Ich war froh, als ich am Abend des dritten Tages wieder in meinem Hotel in Hanoi ankam und erstmal ne heiße Dusche nehmen konnte. Am nächsten Morgen ging mein Flug nach Bangkok. Von 8°C nach 38°C. Oh Mann, wie gut die Hitze tut! Ich liebe die heiße, schwüle Smogluft von Bangkok!!

Hier habe ich die letzen drei Tage mit der sofortigen Erfüllung aller Wünsche und Bedürfnisse verbracht, die mir spontan in den Sinn kamen: Stundelange Shoppingtouren, Fressgelage und Massagen. Einfach traumhaft.

Heute war ich mal wieder im Siam Paragon, meinem Lieblings-Einkaufscenter. Im Untergeschoss gibt es das Bangkok Sea-World, das größte Aquarium Südostasiens. Das musste ich als Fischfreundin natürlich anschauen. War auch super, vorallem die Abteilung „Bizarre Unterwasserwelt“ und das Haibecken.

In echt sah der viel größer aus ...

In echt sah der viel größer aus ...

Danach musste ich mich erstmal in der Fressetage stärken. Als Nachtisch war mir nach Obst … ich kaufte 20 Passionsfrüchte, um mich an meinem Lieblingsobst mal so richtig satt zu essen. Und außerdem gab ich der Durian (Stinkfrucht) noch eine zweite Chance. Die hatte ich ja bisher nur als Eiscreme probiert, und das hatte nicht so toll geschmeckt. Aber es muss ja einen Grund haben, warum die Asiaten so verrückt nach dieser Frucht sind. In der Obstabteilung gab es eine Extra Durian Auslage – ähnlich wie bei einer Käsetheke werden die Fruchtstücke nach „hart“, „medium“ und „soft“ unterschieden, wobei letztere Sorte am intensivsten schmeckt (und riecht). Wenn schon denn schon: Soft!

Da ich das Obst ja nicht in der Shopping Mall, sondern lieber im Park essen wollte, machte ich mich strafbar, indem ich verbotenerweise die Stinkfrucht im Skytrain beförderte. Ich ging davon aus, dass der Verdacht nicht auf mich fallen würde, wenn es im Abteil plötzlich anfangen würde zu stinken. Und das tat es auch, Mann oh Mann. Kaum hatte die Durian ihr Kühlregal verlassen und befand sich in der heißen Außenluft, verströmte sie ihren käsigen Leichengestank. Die anderen Fahrgäste schauten sich irritiert im Zug um, aber ich tat das selbe und freute mich still.

Cremige Durian. Schade, dass es noch kein Geruchs-Internet gibt.

Cremige Durian. Schade, dass es noch kein Geruchs-Internet gibt.

Im Park machte ich es mir auf einer Bank am See bequem, befreite die gelblichen, weichen Durian Segmente von ihrer Klarsichthülle und fing an zu löffeln. Die Konsistenz war cremig unter einer dünnen, festen Haut, das Fleisch von haarigen Fasern durchsetzt. Erstmal eher unappetitlich.Es hat mich einige Überwindung gekostet, die Substanz in den Mund zu schieben. Aber wie Anthony Bourdain schon in seinem Buch „Ein Küchenchef reist um die Welt“ versprochen hat: Man wird durch einen der köstlichsten Geschmäcker überhaupt belohnt. Wie intensive Creme Brulee mit Vanillearoma, schön süß (aber nicht zu süß) und dazu noch ein merkwürdiger aber angenehmer Eigengeschmack … ein Traum!

Nach der Durian aß ich so viele Passionsfrüchte, wie ich in meinem Magen noch unterbringen konnte – auch das ein kulinarisches Highlight. Während ich da so saß und meine Maracujas löffelte, stieg plötzlich direkt vor mir ein gigantischer Waran aus dem See. Das Viech war gute 2 Meter lang! Es wanderte gemütlich auf mich zu und suchte nach Futter. Ich bot ihm Durian und Maracuja an, aber das lehnte es ab. Der Waran scharwenzelte eine Weile behäbig um mich rum und verschwand dann in einem Erdloch, einige Meter von mir entfernt. Ich schlich mich an und spähte in die Höhle hinein. Der schuppige Waranschwanz schaute noch raus, ansonsten war die Echse völlig verschwunden. Natürlich konnte ich mich mal wieder nicht beherrschen und zog am Schwanz, aber ohne Reaktion. Muss ein sehr gelassener Waran gewesen sein.

Freilaufender Saurier im Lumpini Park

Freilaufender Saurier im Lumpini Park

Nach dem Lumpini Park spazierte ich zum Banyan Tree Tower, genehmigte mir zum Sonnenuntergang in der Moon Bar auf der 61. Etage einen Cosmopolitan und fuhr per Tuk Tuk zu meinem Hotel zurück. Und jetzt sitze ich hier in einer schicken Backpacker Bar und beende meinen Blog. Morgen früh hat das Lodderleben ein Ende. Mein Flieger startet hier um halb 10, Mittwoch Abend bin ich wieder daheim.

So schnell geht das. Ich verabschiede mich von Asien mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ich hatte die spannendsten, erlebnisreichsten und bestimmt tollsten vier Monate meines Lebens. Jeder Tag war anders als der andere und voller Überraschungen, ich habe jede Minute genossen und würde gerne noch ewig so weiter reisen. Ich habe viele tolle Menschen kennen gelernt, mit einigen bleibe ich bestimmt auch in Kontakt (Facebook sei dank). In den ärmsten Ländern der Welt habe ich einen Reichtum erfahren, der mit Geld nichts zu tun hat. Ich habe gelernt, viele Dinge neu zu bewerten, Problemen gelassener zu begegnen und keine Angst vor dem Ungewissen zu haben. Ich habe gelernt, mich auf mich selbst zu verlassen und mit jeder noch so unerwarteten Situation umzugehen. Ein Traum hat sich erfüllt, und dafür bin ich unendlich froh und dankbar.

Ich freue mich aber auch wieder auf zu Hause. Ich freue mich darauf, endlich wieder selbst zu kochen, ich freue mich auf meine Wohnung, meine Auswahl an Klamotten (fünf T-Shirts für vier Monate, das wird echt öde), auf die Fußball WM, auf die neue Lost Staffel, auf deutsche Schokolade und deutsches Bier, auf geregelten Straßenverkehr, die schöne Umgebung von Karlsruhe und auf ganz vieles mehr.

Aber am aller-allermeisten freue ich mich auf Euch! Denn obwohl ich mich allein pudelwohl gefühlt habe und auch oft Gesellschaft hatte – Ihr habt mir echt gefehlt! Und deshalb eile ich jetzt schnell ins Hotel zurück, packe meinen Rucksack … und dann nichts wie heim! Bis Morgen!

Tschüss Asien! Hallo Karlsruh'!

Tschüss Asien! Hallo Karlsruh'!



Prost Neujahr aus Hanoi

16 02 2010

Nach einem eintägigen Zwischenstop in der Kaiserstadt Hue bei unerträglichen 40°C bin ich mit dem letzten Übernacht-Bus nach Hanoi weiter gefahren. Einen Platz im Sleeper Bus konnte ich leider nicht mehr ergattern, auch alle Züge waren schon Monate zuvor ausgebucht, denn die wichtigsten vietnamesischen Feiertage standen an: Tet. Das chinesische Neujahrsfest.

Ich hatte die umfangreichen Tet Vorbereitungen schon in Hoi An und Hue beobachten können, und auch in Hanoi liefen sie auf Hochtouren, als ich zwei Tage vor dem Fest in der Stadt ankam. Die Vietnamesen putzen ihre Häuser von oben bis unten durch, streichen die Fenster und Türen, waschen und polieren ihre Mopeds, schleppen tonnenweise Blumen in ihre Wohnungen und Geschäfte und transportieren meterhohe Orangenbäume per Moped durch die Gegend. Schon Tage vor Tet bricht eine regelrechte Deko-Hysterie aus.

Typischer Anblick vor Tet: Orangenbaum on the Road.

Typischer Anblick vor Tet: Orangenbaum on the Road.

Dementsprechend aktiv waren die Vietnamesen in Hanoi. Der Straßenverkehr ist ähnlich unerbittlich und mörderisch wie in Saigon. Hunderttausende von Mopeds, die im Volltempo durch die Gegend brettern und einem kaum eine Chance lassen, Straßen heil zu überqueren. Ampeln gelten höchstens als Empfehlung, verpflichten aber keineswegs zum Anhalten. Mehrmals bin ich bei Grün über eine Fußgängerampel gegangen und wurde von vorbei rasenden Mopeds touchiert. Es wird auch gerne auf dem Gehweg mit Volltempo um Ecken geschossen. Kein Wunder ist Vietnam weltweiter Spitzenreiter bei Verkehrstoten – um die 15.000 pro Jahr. Kein Wunder! Seit ich das weiß bin ich noch vorsichtiger geworden. Wer noch mehr wissen will, hier ist ein interessanter Link zum Verkehr in Hanoi:

http://www.spiegel.de/reise/fernweh/0,1518,465539,00.html

Am Tag vor Tet habe ich Ho Chi Minh in seinem monumentalen Mausoleum besucht. Das ist eine bierernste Angelegenheit. Man wird gefilzt als würde man die amerikanische Botschaft betreten. Kameras muss man abgeben. Man wartet respektvoll, bis sich die Wächter in ihren schneeweißen Militär-Uniformen vor dem Eingang ausmarschiert und ihren kleinen choreographischen Zirkus aufgeführt haben. Dann darf man gemessenen Schrittes ins Mausoleum hinein schreiten. Damit auch niemand vergisst, angemessene Ehrfurcht zu zeigen, stehen alle fünf Meter weitere weiß uniformierte Männer und weisen einen zurecht, wenn man die Hände in den Taschen stecken hat oder wenn man spricht oder gar lacht. Der Strom der Schaulustigen bewegt sich dann langsam, schweigend und mit schlaff herab hängenden Armen in den Raum mit dem Glassarg hinein, umrundet ihn einmal und schreitet auf der anderen Seite wieder raus. Gruselig. Ho sieht aus wie eine Wachspuppe mit flusigen Haaren dran. Aber er scheint echt zu sein. Jedes Jahr wird er nach Moskau geflogen und frisch gemacht. Komischer Brauch, aber mir gefällt sowas ja.

Das Ho Chi Minh Mausoleum

Das Ho Chi Minh Mausoleum

Abends war ich zur Abwechslung in der Wasserpuppen-Show. Ich hatte nicht viel erwartet, aber es war überraschend nett anzuschauen. Die Bühne besteht aus einem Wasserbecken, die Puppen werden an untergetauchten Stangen durch das Wasser bewegt, so dass sie wie lebendig wirken. Und alles so schön bunt! Hat mir jedenfalls besser gefallen als die Marionetten-Show in Mandalay.

Als Kontrastprogramm habe ich das „Hanoi Hilton“ besichtigt, das Hoa-Lo Gefängnis (bzw. was davon übrig ist). Das haben die Franzmänner Ende des 19. Jahrhunderts gebaut, um aufmüpfige Vietnamesen einzusperren und zu malträtieren. Später haben die Vietnamesen dann die amerikanischen Kriegsgefangenen da eingesperrt, vor allem abgeschossene Piloten. Auch John McCain (der republikanische Präsidentschaftskandidat, der gegen Obama verloren hat) hat hier sechs Jahre verbracht. Sein gesamtes Piloten-Outfit mitsamt Original Fallschirm ist in einer Vitrine ausgestellt. Die Vietnamesen scheinen ganz stolz auf den ehemaligen Gast zu sein. Dass McCain aber auch aufs übelste gefoltert wurden (z.B. tagelang an seinen beiden gebrochenen Armen aufgehängt), das erfährt man nicht. (Dazu muss man in Wikipedia gucken). Insgesamt ist der Ort natürlich mal wieder sehr bedrückend und grausig. Und die zuvor augebaute Sympathie gegenüber den Viet Cong verflüchtigt sich wieder…

Einzelzimmer im Hanoi Hilton

Einzelzimmer im Hanoi Hilton

In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar war es dann so weit: die große Neujahrssause konnte steigen, mit Bühnen überall in der Stadt, aufgebretzelten Horden von Vietnamesen, Zuckerwatte- und Popcornverkäufern – und Tausenden von Leuten im Tet-Fieber, vor allem rund um den Kiem See im Stadtzentrum. Um Mitternacht dann der vielstimmig runtergezählte Countdown, der in ABBAs „Happy New Year“ in Endlosschleife und einem Feuerwerk gipfelte. Letzteres versetzte die Vietnamesen in solche Hysterie und Begeisterung, dass man wie eine willenlose Puppe durch die Menmschenmassen geschoben wurde. Jeder Böller und jede Rakete wurde von ehrfürchtigen Ooh- und Aah-Rufen untermalt. Dabei war das Feuerwerk ehrlich gesagt eher poplig. Da ist das Abschlussfeuerwerk der Herbstmess‘ in Karlsruhe spektakulärer.

Am Tag nach Tet war die Stadt wie ausgestorben. Wo die beiden Tage vorher noch ungezügelter Mopedverkehr getobt hatte: Leere Straßen. Wo vorher noch Läden, Restaurants und Kneipen mit regem Publikumsverkehr gewesen waren: runtergelassene Rolläden. Wo zuvor noch Marktstände und Straßenküchen auf Kundschaft gewartet hatten: Leere Gehwege. Als hätten sich Millionen von Vietnamesen plötzlich in Luft aufgelöst. Unheimlich.

Vor Tet: Mopeds wohin man schaut...

Vor Tet: Mopeds wohin man schaut...

... und während Tet: Leere Straßen

... und während Tet: Leere Straßen

Und unheimlich öd. Dazu ein beschissenes Novemberwetter – grau, Nieselregen, zwischen 10°C und 14°C. Ich wollte die fade Stadt verlassen und eine Tour in die Umgebung buchen, ging aber nicht, weil kaum was angeboten wurde, und die wenigen Plätze waren schon weg. Das war das erste Mal auf meiner Reise, dass ich echt die Zeit totschlagen musste. Ich verbrachte die drei Feiertage vorwiegend lesend und essend in den wenigen geöffneten Cafes und Restaurants. Zwischendurch marschierte ich durch die grauen Straßen und besuchte den einen oder anderen Tempel. Bizarr fand ich die vielen Sachspenden in Form von Pyramiden aus Bierdosen und Keksen, die auf den Altären drapiert waren. Komische Götter sind das … aber auch sehr sympathisch.

Bierspende im Tempel ...

Bierspende im Tempel ...

... und der dazu gehörige Gott.

... und der dazu gehörige Gott.

Gestern ging ich ins (zum Glück geöffnete) Cineplex Kino und schaute mir „Avatar“ in 3D an. Das fand ich bei dem Wetter und unter den Tet-Umständen eine Spitzenidee. Wer allerdings schonmal mit mir im Kino war, der weiß, wie ungehalten ich auf Geräusche anderer Kinobesucher reagiere, vorallem auf Fressgeräusche. Ohje, ohje. Schlechte Idee, in einem Land ins Kino zu gehen, wo Rücksichtnahme völlig unbekannt ist und generell auch schmatzend mit offenem Mund gegessen wird. Die schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. Das Schmatzen und Knuspern und Rascheln war so laut, dass ich zeitweise die Filmtonspur nicht hören konnte. Dazu klingelten dauernd irgendwo die Handys und es wurde ausgiebig laut telefoniert. Alle paar Minuten standen Leute auf und gingen im Kino umher. Ich habe innerlich gekocht. Trotzdem hab ich’s nicht bereut. Wer den Film gesehen hat, kann sich vorstellen, welchen Reiz es darstellt, diese Story in einem vietnamesischen Kino anzuschauen. Man kann sich wohl vorstellen, welches Identifikationspotential die Geschichte für die Vietnamesen haben muss. Das ist ja quasi ihre eigene Geschichte, wie sie hier gesehen wird: Böse Invasoren mit mächtigen, überlegenen Kriegsmaschinen fallen in ein grünes Land ein, dessen quasi unbewaffnete ländliche Bevölkerung sich mit einfachen, cleveren Mitteln und viel Gemeinschaftssinn und Kampfgeist erfolgreich zur Wehr setzt und den Feind schließlich vertreibt. Nur die Größenverhältnisse der Kontrahenten haben nicht gestimmt. Aber davon ganz abgesehen: Allein die 3D Effekte sind überwältigend. Muss man gesehen haben. Man will eigentlich gar keine Filme mehr in 2D sehen, wenn man weiß was möglich ist.

Morgen verlasse ich die Stadt wieder. Ausgerechnet dann, wenn das Leben hier wieder losbrodelt. Aber ich hab lange genug ausgeharrt, morgen früh geht’s für drei Tage in die Halong Bucht. Da freue ich mich auch schon drauf!

Da trinke ich das Bia Hanoi doch lieber selbst. Prost Neujahr!

Da trinke ich das Bia Hanoi doch lieber selbst. Prost Neujahr!



Shopping-Exzesse in Hoi An

9 02 2010

Nach meiner Easy Rider Tour habe ich’s mir in Hoi An bequem gemacht, meiner neuen Lieblingsstadt in Asien. Mindestens genauso schön wie Luang Prabang, mit niedrigen Holzhäusern wie aus dem Bilderbuch. Die ganze Altstadt sieht aus wie ein Freilichtmuseum, mit lauter kleinen Restaurants und Cafes. Und mit jeder Menge Maßschneider.

Restaurant

In dieses Restaurant muss man einfach einkehren.

Die japanische Brücke, sehr nett anzuschauen

Die japanische Brücke, sehr nett anzuschauen

Zu nett um wahr zu sein.

Zu nett um wahr zu sein.

Bei letzteren habe ich fast meine ganze Zeit verbracht und habe mir Unmengen an Schuhen, Taschen und vor allem Kleidern maßanfertigen lassen. Im Gegensatz zu meiner ernüchternden Erfahrung in Bangkok vor einigen Jahren, wo auch nach fünf Anproben nichts gepasst hat und ich trotzdem alles bezahlen musste, habe ich hier nur gute Qualität für kleines Geld bekommen. Man kann sich Kleider nach eigenen Ideen schneidern lassen, oder sich was aus diversen Magazinen oder Katalogen aussuchen, oder man bringt Lieblingsklamotten vorbei, die dann nachgeschneidert werden. Und so billig! Ein Hemd kostet z.B. nur 10 EUR, Ledersandalen nach Maß nur 12 EUR. Ein Einkaufsparadies.

Passt. So macht die Anprobe Spaß.

Passt. So macht die Anprobe Spaß.

Nachdem ich mich völlig verausgabt hatte mit den ganzen Einkäufen, habe ich mich entschlossen, nochmal tauchen oder wenigstens schnorcheln zu gehen. Ich habe eine zweitätige Tour nach Cham Island gebucht, eine kleine Insel vor Hoi An. Und wieder bin ich positiv überrascht worden – es war die schönste Insel und die netteste Gesellschaft, die man sich nur vorstellen kann. Wer die Serie „Lost“ kennt (von der ich ein Riesen-Fan bin), der kann sich vorstellen, wie die Insel in etwa aussah: Türkisblaues Wasser, weißer Sandstrand, dahinter Dschungel. Nur Benjamin Linus hat gefehlt.

Mein Strand

Mein Strand

Wir haben uns am Strand Zelte aufgebaut und ein Lagerfeuer angemacht, denn abends gab es keinen Strom. Als gratis Dreingabe gab’s im nächtlichen Wasser dann noch fluoreszierendes Plankton, das geglitzert und gefunkelt hat, wenn es mit Luft in Berührung kam. Angeheitert wie wir waren, rannten wir alle wie die Bekloppten Wasser kickend durch die anrollenden Wellen – eine Spitzen-Lightshow.

Die Nacht im Zelt war auch grandios. Sonst schlafe ich ja generell immer mit Oropax, weil mir meine Zimmernachbarn und der Verkehrslärm so auf die Nerven gehen. Auf der Insel war es aber noch viel lauter – die Dschungetiere haben ein Riesenspektakel veranstaltet, allen voran natürlich die diversen Frosche und Kröten, die sich ihre faltigen Hälse heiser gequakt haben. Trotzdem habe ich ohne Oropax bestens geschlafen. Morgens dann der Anblick der Kokospalmen durch den Zelthimmel … a Trrrraum!

Anblick beim Aufwachen.

Anblick beim Aufwachen.

Das Schnorcheln und Tauchen war leider nicht ganz ideal, da die Sicht nicht so besonders gut war. Habe nur einen Tauchgang gemacht, den Rest der Zeit habe ich geschnorchelt und in der Hängematte am Strand gelegen. Und gegessen. Als wir auf dem Tauchboot waren, legte spontan ein kleines Fischerboot bei uns an. Die Fischer hatten einen Korb voll Langusten und großen Muscheln gefangen, die wir ihnen komplett abkauften und zum Mittagessen vertilgten. Oh Mann … Leider ging die Tour ja nur zwei Tage, da hätte ich es locker noch ein schönes Weilchen ausgehalten.

Kleiner Snack zum Lunch.

Kleiner Snack zum Lunch.

Morgen geht es dann weiter nach Hue, und übermorgen wieder in einer Mammutbusfahrt (14 Stunden) nach Hanoi. Da bin ich mal gespannt, denn am 14. Februar ist das vietnamesische Neujahrsfest Tet, das wichtigste Fest des Jahres. Alle nehmen sich eine Woche frei. Da kann ich froh sein, wenn ich in Hanoi überhaupt irgendeine Tour buchen kann. Mal sehen, wie das wird….



Easy Rider durch’s zentrale Hochland

5 02 2010

Nach Da Lat hatte ich ja die Wahl zwischen der Route am Meer entlang von Strand zu Strand. Oder durch die Berge auf dem Ho Chi Minh Pfad. Da sich Strände ja im allgemeinen sehr ähneln, entschied ich mich für die Route durchs Hinterland, wo auch die ganzen „Minderheiten“ leben (das hört sich so despektierlich an, heißt aber so ). Ich versuchte eine Bustour zu buchen, auf der die kleinen, interessanten Orte angesteuert wurden, aber vergeblich. Für eine Person machen die das nicht, und wenn, dann ist es viel zu teuer.

Also buchte ich mir ein Motorrad mitsamt Fahrer für fünf Tage – und das war die bislang beste Entscheidung auf meiner Reise! Zuerst war ich ehrlich gesagt schon etwas skeptisch. Aber nach einer Probefahrt auf der schweren taiwanesischen „Bonus“ Maschine und einer Inspektion meiner Gepäckgröße („no problem“) schlug ich ein.

Hit the Road Jack

Hit the Road Jack

Mein Fahrer hieß Yang, war 35, hatte Englisch und Geschichte studiert, kannte sich also bestens aus und konnte es auch verständlich erklären. Außerdem war er ein ausgesprochen umsichtiger und gelassener Motorradfahrer, der nie ein Risiko einging. So konnte ich mich den Umständen entsprechend sicher fühlen. Ich hatte also einen Fahrer, Reisebegleiter, Tour Guide, Dolmetscher und kulinarischen Berater in Personalunion – besser geht’s ja nicht!

Fünf Tage lang kurvten wir mit gemütlichen 50 bis 60 km/h fast 900 Kilometer durch das zentrale Hochland. Es ging von Da Lat am Lak Lake vorbei nach Buon Ma Thuot, von da nach Kon Tum, Thanh My und von da runter nach Hoi An. Wir steuerten Orte und Dörfer an, die man als Tourist sonst nie zu Gesicht bekäme. Über die Gegend um Buon Ma Thout steht im Loose „Leider können bei weitem nicht alle Dörfer besucht werden, da das Verhältnis der Minderheiten zur Regierung nicht das beste ist und allein im Umland herum reisende Ausländer generell verdächtig sind, als Aufwiegler tätig zu sein.“ Aber ich hatte ja einen Vietnamesen dabei, der mich überall den Leuten freundlich vorstellte und als Dolmetscher fungierte (obwohl er auch manchmal die Dialekte nicht verstand). Ich traf jedenfalls nur ausgesprochen freundliche Menschen, die mich bestimmt nicht für eine Aufwieglerin hielten.

Wir besuchten verschiedene „ethnischen Minoritäten“, z.B. die Kontum K’pong, die Kontum K’nam, die E De und die M’Nong in ihren Dörfern. Das sah noch aus wie vor hundert Jahren, einfache Langhäuser mit Schnitzereien und Totempfählen, offene Feuerstellen, Schweine in ihren Schlammsuhlen, Bambusinstrumente und große Tonkrüge für Reiswein. Überall sprangen struppige Kinder rum und schrien winkend „Hello!“. Alles wirkte total altertümlich und ursprünglich. Wenn da nicht die nagelneuen Honda Mopeds gewesen wären, die unter jedem Langhaus parkten. Ich sagte ja schon: Ein Moped geht immer, egal wie arm eine Familie ist.

Und Handys natürlich auch. Da sieht man verstrubbelte Kinder mit zerlumpten Klamotten, die einem barfuß hinterher rennen und ganz aufgeregt sind, weil sich mal ein Westler in ihr Dorf verirrt hat. Und man denkt: Mensch, jetzt mache ich denen mal ne Freude und mache ein Foto mit der Digitalkamera. Bestimmt haben die sich noch nie auf einem Display gesehen. Aber bevor man seine Kamera zücken kann, haben die Kids schon ihre Nokia Handys rausgezogen und machen selbst eifrig Fotos.

Wenn mir auf der Fahrt der Hintern zu sehr weh tat, setzte mich Yang an der Strecke aus, so dass ich ne Weile zu Fuß gehen und die Landschaft anschauen konnte. Er wartete dann ein Stück weiter und sammelte mich wieder auf. Wenn es an der Strecke irgenwo etwas interessantes zu sehen gab, hielten wir an und ich konnte mir alles in Ruhe anschauen und erklären lassen.

Besonders interessant fand ich den Totenkult der diversen Minderheiten. Größtenteils wurden die ja von französischen Missionaren zum Christentum bekehrt. Sie behielten aber Rituale und Glaubensinhalte ihrer Naturreligionen bei, sodass bizarre Mischreligionen entstanden, die sich besonders anschaulich auf den Friedhöfen manifestierten. Da waren zum Beispiel typisch christliche Gräber mit Christenkreuz oben drauf … und daneben stand jeweils ein kleiner Totempfahl aus Holz mit den geschnitzten Charakterzügen des Verstorbenen.

Jetzt weiß auch auch endlich, welchem Zweck das viele Falschgeld dient, das überall verkauft wird: Während unserer Fahrt wurden wir von einem Krankenwagen mit heulender Sirene überholt, aus dessen Fenstern Falschgeldscheine flatterten. Das Auto zog eine regelrecht Geldspur hinter sich her. Ich sagte „Ohje, hoffentlich nichts ernstes“, und Yang sagte trocken „Der Patient ist schon tot.“ Er erklärte mir, dass die Scheine dazu dienen, die bösen Dämonen abzulenken, die dem Krankenwagen hinterher jagen um sich die Seele des Verstorbenen zu schnappen. Die Dämonen sind aber so raffgierig, dass sie sich leicht durch Geldscheine von ihrer Verfolgung ablenken lassen. Das selbe Ritual passiert auch bei einer Beerdigung, auch da werden Geldscheine vertreut.

Papiergüter spielen sowieso eine große Rolle beim Totenkult. Auf den Märkten sieht man alle möglichen Gegenstände aus Papier, z.B. Kleider, Fahrräder, Handys, Schmuck, Mopeds, Pferde oder Autos. Die kosten ordentlich viel Geld, manchmal sogar so viel wie das Original. Um die Verstorbenen zu ehren, werden die Papiersachen verbrannt und die Asche ins Wasser verstreut. So haben die Angehörigen im Himmel alles was sie zu einem angenehmen Leben benötigen. Was sie allerdings da oben mit Mopeds oder Handys anfangen, konnte mir Yang auch nicht so richtig erklären.

Am zweiten Abend weihte mich Yang in das beliebte und bei vielen Männern täglich stattfindende Ritual des Reiswein Trinkens ein.Wir kauften einen ominösen Tonkrug, der aber keine Flüssigkeit zu enthalten schien. Auf dem Hotelbalkon bereitete Yang das Getränk zu, indem er fast zwei Liter Wasser in den Krug füllte, in dessen Öffnung sich ein Batzen einer knetartigen Substanz befand. Als alles Wasser darin versickert war, bastelte er aus den mitgelieferten Bambusröhrchen und transparenten Gummischläuchen biegsame Trinkhalme, die er mit viel Kraftaufwand durch die Knetmasse in die Tiefen des Krugs bohrte. Dann konnte das Trinkgelage los gehen. Der Reiswein schmeckte ganz ähnlich wie Calvados, nur saurer und nicht ganz so stark. Da macht’s dann eher die Menge. Der Abend war ganz lustig, zumal sich nach einer Weile noch ein älterer vietnamesischer Geschäftsmann dazu gesellte (der zuvor im unmittelbar benachbarten Hotelzimmer die Dienste einer Prostituierten in Anspruch genommen hatte), der ordentlich mit pichelte stolz Bilder seiner Frankfurtreise auf seinem Laptop präsentierte.

Reiswein trinken

Reiswein trinken

Je weiter wir auf unserer Fahrt nach Norden kamen, umso bergiger und dschungeliger wurde die Landschaft. Irgendwann folgten wir dem alten Ho Chi Minh Pfad, auf dem während des Kriegs heimlich und unerkannt Waffen und Truppen von Nordvietnam in den Süden transportiert wurden. Damals handelte es sich tatsächlich um einen Pfad bzw. eine schmale Straße unter dem schützenden Blätterdach des Dschungels. Nach dem Abwurf unzähliger Bomben, dem Besprühen mit Agent Orange und dem nach dem Krieg stattfindenden Raubbau an der Natur ist von dem Blätterdach allerdings nichts mehr übrig. Und der HoChi Minh Pfad wurde inzwischen auf weiten Strecken zu einem Highway ausgebaut. Yang ließ mich ein kleines Stück auf dem Original-Pfad wandern. Da konnte ich mir ziemlich eindrücklich ein Bild davon machen, wie strapaziös die Mission der Viet Cong war. Insgesamt war der Pfad (mit allen Schlingen, Serpentinen und Alternativrouten) ganze 22.000 km lang. Und das wurde alles zu Fuß zurück gelegt. Alter Schlappen.

Die Berge kurz vor der Grenze zu Laos

Die Berge kurz vor der Grenze zu Laos

Überrest des alten Ho Chi Minh Pfads

Überrest des alten Ho Chi Minh Pfads

Dschungel mit Baumfarnen und Wasserfällen.

Dschungel mit Baumfarnen und Wasserfällen.

Auch kulinarisch war die Motorradtour ein Erlebnis. Wir kehrten ja immer nur in den Restaurants und Garküchen der Einheimischen ein, die nicht auf westliche Touristen eingerichtet waren. Ich trug Yang auf, mir immer ein Potpourri verschiedener vegetarischer bzw. fischiger Gerichte zu ordern. So bekam ich endlich mal die Sachen zu essen, die ich mir sonst mangels Sparchkenntnisse niemals hätte bestellen können. Manches davon war allerdings leider ungenießbar, z.B. die gallenbittere Bittermelonensuppe.

Unbekannte Köstlichkeiten

Unbekannte Köstlichkeiten

Am dritten Tag besuchten wir ein Waisenhaus in einer katholischen Mission. Zuerst wollte ich da ja gar nicht hin, weil ich befürchtete, dass man von den armen Waisen belagert wird, die unbedingt von einem Westler adoptiert werden wollen. Viele Kinder wurden im Waisenhaus abgegeben, weil sie unehelich geboren wurden oder weil sich die Eltern kein weiteres Kind leisten können. Ich befürchtete herzzerreißende Szenen und ein endlos schlechtes Gewissen, weil ich kein Kind mitnehmen kann. Genau das Gegenteil war der Fall. Die Kinder interessierten sich nicht die Bohne für mich. Sie waren viel zu sehr mit Spielen beschäftigt und mit den Vorbereitungen des Abendessens. Jeder hatte eine Aufgabe – die einen stellten die kleinen Tische und Stühle zurecht, andere legten kleine Kissen darauf, andere trugen das lecker aussehende Essen auf oder halfen in der Küche mit. Dabei herrschte eine ausgelassene, warme und fröhliche Stimmung wie in einer großen Familie. Ich erfuhr, dass die Kinder alle zur Schule gehen und von kleinauf ein soziales Miteinander in der Gemeinschaft lernen. Die älteren Kinder kümmern sich mit um die jüngeren, und jeder hat seine Aufgabe. Als ich mich verabschiedete, hatte ich das Gefühl, dass es den Kindern dort richtig gut geht. Vielleicht sogar besser als so manchem Kind bei uns in Deutschland. (Aber das trifft wahrscheinlich auch nicht unbedingt auf alle Waisenhäuser in Asien zu…)

Typischer Anblick: Reisbauern

Typischer Anblick: Reisbauern

In den fünf Tagen sah ich außerdem wie Backsteine, Räucherstäbchen, Tapioka-Stärke, Kaffee, Seide und Reispapier hergestellt wurden. Wir besuchten Wasserfälle, in deren Nähe ich auch in einem türkisblauen natürlichen Pool schwimmen ging. Wir aßen frische Ananas vom Strauch, mit Salz und Chilli. Wir besuchte einen Freund von Yang, der mir seine 3,5 Meter lange Python um den Hals legte. Wir besichtigten einen „Minderheiten-Themenpark“ (purer Kitsch) mit angeschlossener Krokodilfarm. Wir besuchten eine bizarre Kirche der Cao Dai Religion, die eine bunte Mischung aller Religionen ist: es werden nicht nur Jesus, Buddha und Konfuzius verehrt sondern auch diverse Schriftsteller, Poeten und Revolutionsführer. Da unterhielt ich mich eine Weile mit einem zahnlosen 90jährigen Mönch – allerdings ohne uns gegenseitig zu verstehen, da er einen vietnameischen Dialekt sprach und ich deutsch (Störte uns aber nicht).

20 Kilo Schlange

20 Kilo Schlange

Wenn Wasser drunter ist habe ich gar keine Höhenangst...

Wenn Wasser drunter ist habe ich gar keine Höhenangst...

Ich muss immer alle Tiere anfassen. Das wollte der Wasserbüffel nicht und stieß mit dem Horn nach mir. Hat mich aber nicht erwischt.

Ich muss immer alle Tiere anfassen. Das wollte der Wasserbüffel nicht und stieß mit dem Horn nach mir. Hat mich aber nicht erwischt.

Am fünften Tag erreichten wir in Hoi An. Yang machte sich gleich auf den Weg zurück nach Hause, ich machte es mir in einem netten Hotel bequem. Habe schon jetzt beschlossen, auf die Reise nach Nordvietnam zu verzichten, damit ich einige Tage hier bleiben kann. Ich muss mich ja auch mal ausruhen…

schatten



Bizarre Erlebnisse im Hochland

30 01 2010

Nach Saigon hatte ich die Wahl: Ans Meer oder in die Berge? Habe mich für letzteres entschieden, ein Busticket nach Da Lat gekauft und bin mal wieder einen kompletten Tag von morgens bis abends im Bus gesessen.

Da Lat ist in den Augen der Vietnamesen die schönste Stadt des Landes. Sie wurde von den Franzosen vor 100 Jahren als Luftkurort gegründet, ein Eiffelturm und viele Blumenbeete beschwören Pariser Flair herauf (zumindest für die asiatischen Touristen). Die Stadt ist echt ganz nett, total verwinkelt und mit vielen steilen Straßen und Gassen.

Pariser Flair in Da Lat - inklusive Eiffelturm

Pariser Flair in Da Lat - inklusive Eiffelturm

Habe im „Pink House“ eingecheckt, und wurde auch gleich vom Besitzer herzlichst empfangen und zu einem Karaoke Abend in einer Bar mitgenommen. Habe ich das auch endlich mal live miterlebt, wie die Asiaten auf Karaoke abfahren. Es waren zwar nicht so viele Gäste da, aber die wenigen haben dafür umso ausgelassener gesungen, und das gar nicht mal so schlecht. Mein Hotelwirt hat fast am besten gesungen, für einen Vietnamesen hatte er auch eine ungewöhnlich sonore Stimme. Zum Glück hatte die Bar nur asiatisches Liedgut im Repertoire, so konnte ich mich elegant aus der Affäre ziehen. Tanzen musste ich dann aber doch, wobei ich den Paartanz aufgrund der doch arg unterschiedlichen Körpergröße zu den potentiellen Tanzpartnern ablehnen konnte (ich war einen Kopf größer als alle).

Karaoke live (im Hintergrund: der nächtlich illuminierte Eiffelturm)

Karaoke live (im Hintergrund: der nächtlich illuminierte Eiffelturm)

Am nächsten Tag hatte ich eine Moped-Tour durch die Gegend gebucht. Da mein Wirt leider total verkatert war vom Abend zuvor (er hatte noch munter weiter gefeiert), sprang sein Cousin ein. Ich war seine Beifahrerin auf seinem Moped, ein deutsches Pärchen fuhr selbst (Respekt!). Endlich eine Tour abseits der ausgelatschten Touristen-Pfade. Das krasse Gegenteil zur Mekong-Delta-Tour. Wir fuhren fast 160 km durch die bergige Landschaft, es sah fast aus wie im Nordschwarzwald, allerdings mit Pinienwäldern und blühenden Kaffeeplantagen. Dass Kaffee so gut riecht hatte ich gar nicht geahnt, fasst wie Jasmin, nur nicht ganz so süßlich. Und hübsch aussehen tut’s auch.

Wir besichtigten eine Gerbera-Blumenfarm, eine Seidenfarm (wo man dabei zusehen konnte, wie die Seidenraupen aus ihrem wolligen Kokon ausgewickelt wurden und nackt zurück blieben), eine Elefantenohr-Pilz-Farm, eine Pagode und einen besonders tollen Wasserfall. Bei dem konnte man durch eine Höhle auch hinter das herab stürzende Wasser gelangen – da war so ein Sturm, dass man kaum schnaufen konnte. Besonders spektakulär fand ich den Besuch einer Insekten Farm. Da werden Grillen und Skorpione für den menschlichen Verzehr gezüchtet, ein Riesengewimmel in Dutzenden von großen Plastikbottichen.

Kleiner Snack für unterwegs

Kleiner Snack für unterwegs

Außerdem werden Fliegen und Maden im großen Stil gezüchtet, als Hühnerfutter. Das war ganz besonders abscheulich, vor allem wegen des Gestanks des verdorbenem Fleischs, in dem die Maden rumwimmeln. Nach der Farmbesichtigung wurden gebratene Grillen zur Verkostung angeboten, diesmal aber nicht kross durchfrittiert, sondern innen noch schön saftig. Also gut, ich war ja auf der Suche nach kulinarischen Experimenten – rein mit der Grille. Geschmacklich nicht so übel, ein bisschen nussig, ein bisschen modrig. Naja. Hat nicht das Potential zu meiner neuen Leibspeise.

Grille essen

Grille essen

Dann ging’s auf einen Markt in einem kleinen Ort. Endlich mal mit einheimischem Führer, so dass man alles fragen konnte und alles erklärt bekam. Da habe ich auch erfahren müssen, dass die eklige rote schleimige Frucht, die ich in Saigon auf dem Markt angeboten bekommen hatte, gar nicht zum Verzehr gedacht ist sondern zum Färben von Kleidern. Die Marktfrauen können schon gehässig sein. Mein Tourguide fand’s jedenfalls sehr lustig, dass ich die eklige Frucht gegessen hatte. Er kaufte für uns Touristen eine große Wundertüte voller exotischer Früchte, die ich fast alle noch nie gesehen geschweige denn probiert hatte. Da waren schon einige dabei, die in Deutschland ein Importschlager werden könnten. Meine Lieblingsfrucht war klein, rot, hatte einen gestreiften Kern und saftiges, saures Fruchtfleisch, das nach Stachelbeeren schmeckte. Leider wusste der Guide nur den vietnamesischen Namen, und den habe ich vergessen.

Auf dem Markt habe ich dann neben allerlei hässlichen Tierteilen wie z.B. glotzende Augäpfel und abgezogene Rindernasen auch zum ersten Mal mit eigenen Augen Hundefleisch gesehen. Da lag ein Viertel Hund auf dem Schlachtblock, mit Pfote dran. Grauenhaft. Unser Tourguide outete sich als großer Hundeliebhaber im kulinarischen Sinn. Noch besser sei allerdings Katze, aber leider auch schwerer zu bekommen und viel teurer. Dafür wurde er von uns Deutschen kräftig ausgeschimpft, was ihn sehr amüsiert hat.

Hund

Hund

Später während der Fahrt stieß er mal einen kleinen Schrei aus, weil er auf der Straße einen Riesengecko gesehen hatte. Er war kurz davor, anzuhalten und umzudrehen. Ich dachte, er wollte uns das seltene Tier aus der Nähe zeigen und was zoologisches dazu erzählen. Von wegen: Er wollte es einsacken und mit nach Hause nehmen für den Kochtopf. Ich überredete ihn dringlich zur Weiterfahrt, was er zum Glück auch tat.

Nach dem Markt stand ein Besuch bei einer „ethnischen Minderheit“ an (das heißt wirklich so). Es gibt über 50 solcher Minderheiten, fast alle irgendwo in den Bergen, und jede hat ihre ganz eigene Sprache. Wir besuchten zwei Familien, die uns ihrer Spinn- und Webkünste vorführten. Außerdem war es interessant zu erfahren, dass Frauen für einen Ehemann ordentlich zur Kasse gebeten werden, wenn sie heiraten wollen. Eine Frau kann auch mehrere Männer haben (wenn sie das nötige Kleingeld bzw. Vieh besitzt), oder sich mit ihren Schwestern gemeinsam einen Mann teilen (wenn man sparen muss). Wenn der Mann sich scheiden lassen will, muss er das doppelte seines Einkaufspreises an die Frau zahlen. Das finde ich mal ein gutes System.

Die Frau, die wir besuchten, hatte drei Kinder, aber keinen Mann. Für den hatte die Kohle nicht gereicht. Sie erzählte unter anderem von den Schrecken der Geburt ihres zweiten Kindes im staatlichen Krankenhaus, wo sie in einem Bett hatte liegen müssen und von lauter Ärzten und Schwestern gepiesakt wurde. Ihr drittes Kind gebahr sie dann doch lieber wieder in ihrer Hütte, auf dem Boden hockend und sich am Wandbalken festklammernd. Das sei doch deutlich angenehmer gewesen.

Nach dem Mittagessen bei seinem Onkel erklärte unser Tourguide dann noch die Tücken und Fallstricke der vietnamesischen Sprache. Die sieht ja geschrieben eigentlich ganz simpel aus, es scheint relativ wenige kurze Wörter zu geben, die sich durch irgendwelche Akzente in alle Himmelsrichtungen unterscheiden. Wir wurden allerdings belehrt, dass die Art der Betonung den Sinn der Wörter ausmachen – und da kann man als Ausländer schnell mal daneben greifen. Die Unterschiede der Betonung einiger Beispielwörter waren für mich einfach nicht hörbar, das klang für mich alles ziemlich gleich. Winzige, unhörbare Abweichungen können aber aus „Kein Problem“ schnell ein „Du hast keinen Schwanz“ machen, oder aus „Bitte eine Papaya“ schnell man ein „Willst Du pimpern?“. Ich habe mich entschieden, immer alles auf englisch zu sagen.

Touristen sollen sich benehmen

Touristen sollen sich benehmen

Heute habe ich mich dann allein auf den Weg gemacht, die Stadt Da Lat zu erkunden. Ich bin zuerst auf dem Markt gewesen. Ich kann von Märkten nicht genug bekommen, aber das sagte ich ja schon. Es gibt immer so viel zu gucken und es sieht so bunt und chaotisch aus.

Dann bin ich zum „Crazy House“ gelaufen, einem architektonischen Wunderwerk, das von der Tochter des ehemaligen Präsidenten geplant und gebaut wurde. Das Gebäude fungiert als bizarres Gästehaus und besteht nur aus organischen, gewachsenen Formen. Ein bisschen in Anlehnung an Gaudi, aber noch wilder. Ich fand’s total toll, hätte auch gerne so ein Haus.

Crazy House

Crazy House

Nachdem ich einmal kreuz und quer durch die Stadt gestiefelt war, und enttäuscht feststellen musste, dass der pittoreske See im Zentrum der Stadt kein Wasser enthielt und daher ein übelriechender Schlammpfuhl war, entschloss ich mich, am nächsten Tag weiter zu reisen: durch die Berge auf dem Ho Chi Minh Pfad nach Hoi An.